‘Il Trespolo Tutore’ ist eine Oper von Alessandro Stradella nach der Komödie von Giovanni Cosimo Villifranchi, die ihrerseits auf Giovanni Ricciardis ‘Liebe ist Gift und Medizin des Intellekts’ zurückgeht. Sie soll seit 250 Jahre nicht mehr aufgeführt worden sein, ist also eine echte Entdeckung.
Als Stradella seine einzige komische Oper komponierte, kannte er den Geschmack des Publikums im burlesken Genre und hatte einen Erfahrungsschatz in der Charakterisierung lustiger Figuren. Was dominiert, ist die Atmosphäre unbeschwerten Spaßes, komischer Fehler und lustiger Auseinandersetzungen. Die Figur des Trespolo ist eines der ersten Beispiele für die Figur vieler Buffo-Bässe. Formal hat Stradella die Konventionen der komischen Oper allerdings gebrochen. Er bereichert sorglose Witze mit lyrischen und heroischen Tönen und erweitert das Werk um einige einfache Arien.
Trespolo ist Artemisias alter und stummer Vormund: Während seine schöne Schülerin in ihn verliebt ist, bevorzugt Trespolo seine Dienerin Despina. Die wiederum will davon nichts wissen, obwohl ihre Mutter Simona die Ehe ihrer Tochter mit dem Vormund begrüßt. Despina hingegen liebt Nino, der wiederum Artemisia liebt. Die recht komplexe Situation ändert sich, als Nino sich Artemisia erklärt und abgelehnt wird, während sein Bruder Ciro, zunächst verrückt, dank seiner Liebe zu Artemisia zur Vernunft kommt. Wie der ursprüngliche Titel der Komödie besagt, wirkt die Liebe wie ein Gift für Ninos Intellekt und wie eine Medizin für Ciro. In Wirklichkeit dreht sich die Geschichte um die Kühnheit von Trespolo, der, indem er die indirekten Liebeserklärungen der Artemisia falsch interpretiert, zuerst denkt, dass sie in den wahnsinnigen Ciro verliebt ist, dann in den gesunden Nino und schließlich sogar in die alte Amme Simona, die, über Trespolo scherzend, seinen Vorschlag, Artemisia zu heiraten, scheinbar akzeptiert. Die Missverständnisse vervielfachen sich, bis Artemisia sich dann entscheidet, Ciro zu heiraten. Trespolo kann sich endlich seinen Traum von Despina erfüllen und der arme Nino lässt seinem Wahnsinn freien Lauf.
Die Handlung besteht aus einer Reihe absurder Situationen. Sie geht von der Anomalie der Situation aus, die Charaktere zwingt, paradoxe Einstellungen einzunehmen. Stradella nutzt verschiedene Hilfsmittel, wie die Beredsamkeit des Rezitativs mit artikulierten Harmonien und verlorenen Melodien, das sich perfekt an die expressiven Töne der Stimme anpasst oder etwa die Wiederholung des Wortes ‘Du, du’, um komische Wirkungen zu verstärken. Im Vergleich zu anderen seiner Werke erscheint die Musik einfach; diese Einfachheit ist jedoch vorgeschoben. In Trespolos Arie ‘Due hore venite’ etwa konnotiert die Spannung der harmonischen Progressionen musikalisch das Gefühl der unterdrückten Angst von Trespolo, während er auf seine geliebte Despina wartet.
Charme, Musikalität und eine ordentliche Portion Humor bis hin zu Zoten finden sich in der Studentenaufführung im ‘Collegium Nobilium Theater’. Die drei Hochschulen in Warschau – die Akademie für Schauspielkunst, die Fryderyk Chopin Universität und die ‘Academy of Fine Arts’ bestreiten seit einigen Jahren gemeinsam solche Aufführungen vergessener barocker Meisterwerke.
Pawel Paszta von der Akademie für Schauspielkunst hat diese Oper in ein zeitgenössisches Stück verwandelt, wozu auch die charmanten Kostüme von Marta Kodeniec, einer Absolventin der Akademie der Bildenden Künste, beitragen. Auf diese Weise wurde mit einfachen Mitteln eine schnelle, manchmal verrückte und überraschende Inszenierung geschaffen, die fast ohne Bühnenbild und mit nur kleinen Requisiten auskommt.
Die Sängerinnen und Sänger der ‘Fryderyk Chopin Universität’ leben ihren jugendlichen Charme und ihre Bereitschaft, gemeinsam zu spielen und sich auf der Bühne zu testen, grandios aus. Der Bariton Andrzej Lenart mit riesigem Kostümhängebauch als Trespolo überzeugt mit nervenaufreibender Begriffsstutzigkeit und feinem Gesang. Bei Magdalena Pikula als Ciro ist nicht nur ihre lockere Handlungsweise, sondern auch ihre schöne und entwickelte Stimme hervorheben. Countertenor Rafal Tomkiewicz präsentiert eine stimmliche Leichtigkeit, indem er sich zwischen verschiedenen Konventionen bewegt; sein Nino ist harlekinesk, aber er kann auch lyrisch und verzweifelt agieren. Paulina Tuzinska als Artemisia ist ebenfalls bemerkenswert. Auch die weniger Beteiligten überzeugen vollends. Eine interessante Lösung ist die Anwesenheit von Künstlern auf der Bühne, die im Moment nicht teilnehmen, aber als Assistenten technisch gesehen theatralische Effekte erzeugen.
Die Musiker der Musikhochschule Fryderyk Chopin werden akzentuiert und animiert von dem italienischen Dirigenten Andrea De Carlo geleitet, einem Experten für Stradella.