Die Aufnahme von Tchaikovskys Violinkonzert beginnt für mich mit einer Enttäuschung. Philippe Quint deklamiert den ersten Satz ziemlich manieriert, finde ich, und das schadet dem Fluss der Musik. Umso schöner gerät ihm die Canzonetta, und der dritte Satz wird in einem atemberaubenden Tempo hoch virtuos gespielt. Nicht besonders angetan bin ich von dem etwas dumpfen und auch spieltechnisch nicht eben herausragenden Spiel des Philharmonischen Orchesters Sofia. Wählen kann man, ob man den letzten Satz mit der Tchaikovsky- oder der Auer-Kadenz hören will. Das rettet die Aufnahme nicht, denn von dieser Komposition gibt es Besseres. Dennoch verdient die Avanti-Produktion Aufmerksamkeit. Sie enthält nämlich eine wunderbare Einspielung des 2. Streichquartetts von Arensky.
Anton Stepanovich Arenski, Schüler von Rimsky-Korsakov, Lehrer von Rachmaninov, Scriabin und Glière, war mit Tchaikovsky eng befreundet, der für ihn eine Art Mentor wurde. Später, als Arensky nach Sankt-Petersburg zurück gekehrt war, vereitelten Alkoholismus und Spieltrieb seine Karriere. Rimsky-Korsakov war entsetzt über die Liederlichkeit seines Schülers und sprach von einer Verschwendung eines großartigen Talents. Arensky starb mit 45 Jahren an Tuberkulose.
Philippe Quint, die beiden Cellisten Claudio Bohórquez und Nicolas Altstaedt sowie der Bratscher Lily Francis putschen das Quartett gehörig auf, ohne jedoch über die Stränge zu schlagen. Der Spieltrieb der vier ist gewaltig, ihre Musikalität aber noch größer. Das bringt uns zu packenden Gefühlsachterbahnfahrten, die letztlich von der Musik ausgehen, zu deren inhärenten Merkmalen sie gehören. Nur bedurfte es Musiker, wie sie hier versammelt sind, um diese auch freizulegen. Wie Quint, Bohórquez, Altstaedt und Francis das Dynamische agogisch beleben und in Energie umsetzen, und auf welche vergeistigte Art sie Kantilenen zum Süßblühen bringen oder andere Passagen tief ausloten, das ist höchste Kunst. Und so ist diese Einspielung gut für ein unvergessliches Quartett-Erlebnis.
Philippe Quint’s performance of the Tchaikovskys Concerto isn’t really convincing. However the energetic and deeply rooted performance of Arensky’s Quartet op. 35 is so exciting that it can be considered as essential listening for any chamber music enthusiast.