Über die Cellosonate von Richard Strauss hat es schon viele böswillige und abwertende Kommentare gegeben, und das obschon viele bedeutende Solisten dieses Stück des 19-jährigen Komponisten gespielt und aufgenommen haben. Oft freilich wurde das Werk nicht wirklich zufriedenstellend gespielt, und selbst ein Solist wie Mischa Maisky wusste nichts wirklich Kohärentes in den drei Sätzen zu sagen.
So gesehen, könnte diese Neuaufnahme mit Norbert Anger, dem Ersten Cellisten der Sächsischen Staatskapelle Dresden, sowie dem Pianisten und Organisten Michael Schöch eine Ehrenrettung der Sonate sein. Und meines Erachtens zweifellos die Referenzeinspielung der Komposition, die sogar die für mich bisher befriedigendste Aufnahme mit Mstislav Rostropovich überbietet, weil sie insgesamt schlüssiger ist und tiefer in die Musik eindringt.
Gleich im Allegro con brio nehmen die beiden Künstler das Brio etwas zurück und bringen die leidenschaftlicheren Passagen mit den lyrischen in ein Gleichgewicht, wodurch der Dialog logischer und einfach richtiger klingt. Dabei fasziniert nicht nur Angers wenn nötig kräftiger, aber vor allem auch kantabler Celloton, sondern auch Schöchs wunderschöner Anschlag. Die beiden entdecken im ersten Satz zwischen leidenschaftlichem Drängen hier Nachdenklichkeit und dort sehsuchtsolle hymnische Passagen und bringen diese verschiedenen Motive wunderbar in Einklang.
Den langsamen Satz spielen Anger und Schöch sehr langsam. Mit über 10 Minuten brauchen sie drei Minuten mehr als Rostropovich. Sie dringen allerdings auch viel tiefer in die Musik ein, die obwohl sehr nachdenklich, wenn nicht gar grüblerisch, nicht wirklich düster wird, wie man das schon gehört hat. So schön, so poetisch erfüllt habe ich diesen Satz noch nie gehört.
Und das Finale schließt sich dann so an, dass der Hörer nicht brutal, sondern eher zart verspielt aus dem Andante-Traum geweckt wird. Das lässt dann auch Raum für Steigerungen, aber das Kapriziöse, Hauptcharakteristik des von manchen Interpreten falsch verstandenen Satzes, bleibt voll halten.
Sehr schön differenziert erklingt danach die ‘Romanze’, wie die Sonate ein Jugendwerk von Richard Strauss.
Nur wenige Sängerinnen haben Wagners ‘Im Treibhaus’ aus den ‘Wesendonck-Liedern’ so langsam genommen wie es Norbert Anger hier spielt, und viele hätten das auch gar nicht gekonnt. Entsprechend besonders ist diese Celloversion auch in ihrer Phrasierung, ungemein verinnerlicht und versunken. Sehr bewegend!
Aber auch die anderen Wesendonck-Lieder werden wunderbar lyrisch dargeboten, wobei wir einmal mehr auch die Qualität des sehr klangsinnlichen Klavierspiels unterstreichen müssen. Zusammen mit Anger gelingen Schöch Interpretationen, die erlebte Gefühlszustände hörbar machen.
Nach dem einfühlsam gespielten ‘Albumblatt’ beschließt das ausdrucksvoll musizierte Vorspiel zu ‘Tristan und Isolde’ in einer nicht vollauf überzeugenden Bearbeitung von Werner Thomas-Mifune das Programm, das in erster Linie wegen der Strauss-Sonate und den Wesendonck-Liedern nachdrücklich zu empfehlen ist.