Am Vierwaldstädtersee drücken sich schon seit 1938 die besten Orchester, Dirigenten und Solisten die Klinke in die Hand. Nun hat das ‘Lucerne Festival’ zum 75. Geburtstag endlich seine reichhaltigen Archive geöffnet, womit viele einmalige Konzerte nun dem Musikliebhaber zugänglich gemacht werden können. Den Auftakt macht nicht, wie man vielleicht meinen könnte, ein Konzert Toscaninis, der vor 75 Jahren das erste Festival eröffnete, sondern eine CD mit zwei Mitschnitten aus den späten Fünfzigerjahren.
Unter der Leitung von Otto Klemperer spielte Clara Haskil am 8. September 1959 Mozarts Klavierkonzert Nr. 20 KV 466. Eine musikalische Sternstunde, insofern man das außergewöhnliche Spiel von Haskil mag. Für die einen galt Haskil als ‘die’ Mozart-Interpretin schlechthin, andere bemängelten immer wieder ihren Spielstil, der sich weniger um technisches Raffinement und dramatische Akzente als um emotionale Dichte kümmerte.
Haskil war auf dem Zenit ihres Könnens, genauso wie Klemperer und das Philharmonia Orchestra, die den gesunden Gegenpart in Form von eher düsteren und dramatischen Klangfarben bildeten.
Aufregend auch die Begegnung mit Robert Casadesus und Beethovens 5. Klavierkonzert, zu dem der Pianist eine sehr besondere Beziehung hatte und das er auch mehrmals eingespielt hatte. Am 1. September 1957 wurde er im Luzerner Kunsthaus von den Wiener Philharmonikern und Dimitri Mitropoulos begleitet. Im Gegensatz zu Haskil ist Casadesus eher der nüchterne Interpret, der sehr bedacht ist auf eine innere Logik, auf musikalische Strukturen und eine klare Behandlung der Architektur. Was aber nicht heißen will, dass Casadesus‘ Interpretationen kühl sind. Im Gegenteil. Musikantische Phrasierungen verknüpfen sich hier auf eine ideale Weise mit technischer Überlegenheit. Mitropoulos dirigiert sehr engagiert und bringt Casadesus eigenwilligen Stil mit der üppigen, traditionsverbundenen Klangpracht der Wiener Philharmoniker in ein ideales Gleichgewicht. Gute Klangqualität.
Lucerne Festival and Audite launch a promising series of historical recordings from the festival’s archives. The first release proposes performances by two very divergent pianists – emotionally engaged Clara Haskil and rather Cartesian Robert Casadesus.
Le festival de Lucerne et Audite lancent une série de disques avec des enregistrements historiques des archives du festival. Le premier CD présente deux pianistes très différents, Clara Haskil, émotionnelle, et Robert Casadesus, cartésien.