Orfeo bringt bisher unveröffentlichte Aufnahmen aus dem Kaisersaal der Residenz Würzburg auf sechs CDs heraus. Die Zeitspanne erstreckt sich von 1954 bis 2020, wobei die meisten Aufnahmen aber jüngeren Datums sind.
Die erste CD startet mit einer saftigen, farbigen und warm klingenden 33. Symphonie mit La Petite Bande unter Sigiswald Kuijken. Daneben hat es Rafael Kubelik mit den Bamberger Symphonikern in der 30. Symphonie nicht zuletzt wegen der dröhnenden Akustik schwer, eine positive Wirkung zu erzielen. Dasselbe gilt für die Jupiter-Symphonie mit dem BR-Orchester unter Maazel (1996).
Elegant, aber kräftig und rhythmisch sehr raffiniert, so präsentiert sich die Kleine Nachtmusik mit dem Ostrobothnian Chamber Orchestra unter Sakari Oramo. Sehr beschwingt und von bestechender Transparenz der Linien ist das Divertimento KV 136 mit dem Giardino Armonico.
Dass man auch mit einem Symphonieorchester, hier dem des WDR, einen stilgerechten Mozart machen kann, zeigt die 2014 unter Reinhold Goebel aufgenommene Posthorn-Serenade.
Diese Box mag die unterschiedlichsten Interpretationen vereinen, die ‘alten’ und die ‘neuen’, die auf Erkenntnissen der historischen Aufführungspraxis erfolgen. Wenn aber 1981 Rafael Kubelik und Alfred Brendel sich zusammentaten, um Mozarts Klavierkonzert KV 466 aufzuführen, oder Casadesus 1971 mit Kubelik im KV 467, dann stellt sich die Frage, ob historisch informiert oder nicht, überhaupt nicht. Denn aus der Musik spricht eine derart überzeugende Musikalität, dass es letztlich unwichtig ist, nach welchen Gesichtspunkten Musik gemacht wird. Und bei derart gutem Musizieren reduzieren sich auch die Unterschiede zwischen den Ansätzen, wie im Vergleich die Aufnahme des KV 453 mit Pierre-Laurent Aimard und dem Münchner Kammerorchester zeigt.
Gute Paarungen für die Violinkonzerte gibt es mit Ana Chumachenko und Colin Davis (Nr. 5, 1987) sowie Johanna Martzy und Eugen Jochum (Nr. 3, 1955). Eine ganze CD mit Arien aus Opern und geistlichen Werken sowie eine CD mit Kammermusik vervollständigen das Programm.
Und wenn die sechste CD dann zu Ende geht, stellt sich die Frage, ob das Ganze dann wirklich Sinn macht, ob in dieser Kompilation von Liveaufnahmen vom Mozartfest auch wirkliche Schätze gehoben wurden. Leider muss ich diese Frage verneinen. Es gibt viel gute und sehr gute Musik, aber angesichts einer meistens nicht sehr guten Aufnahmetechnik ist das Hörvergnügen doch eher mäßig. Total herausragende Interpretationen gibt es in diesem Programm keine. Meine Erwartungen wurden nicht erfüllt.
Orfeo is releasing previously unpublished recordings from the Kaisersaal of the Würzburg Residenz on six CDs. The recordings are from 1954 to 2020, though most of them are more recent.
The first CD starts with a lush, colorful and warm-sounding 33rd Symphony with La Petite Bande under Sigiswald Kuijken. Next to it, the 30th Symphony with Rafael Kubelik and the Bamberg Symphony has a hard time making a positive impact, not least because of the booming acoustics. The same is true of the Jupiter Symphony with the BR Orchestra under Maazel (1996).
The Kleine Nachtmusik with the Ostrobothnian Chamber Orchestra under Sakari Oramo is elegant but also powerful and rhythmically very refined. The Divertimento K. 136 with the Giardino Armonico is very lively and it shows a great transparency of lines.
The Posthorn Serenade recorded in 2014 under Reinhold Goebel proves that it is also possible to do a Mozart in style with a symphony orchestra, in this case that of the WDR.
This box may unite the most diverse interpretations, the ‘old’ and the ‘new’, based on insights from historical performance practice. But when Rafael Kubelik and Alfred Brendel teamed up to perform Mozart’s Piano Concerto K. 466 in 1981, or Casadesus with Kubelik in 1971 for K. 467, the question of whether historically informed or not does not arise at all. Because such a convincing musicality speaks from the music that it is ultimately unimportant according to which point of view music is made. And with such good music-making, the differences between approaches are even reduced, as the recording of K. 453 with Pierre-Laurent Aimard and the Munich Chamber Orchestra shows.
There are good pairings for the violin concertos with Ana Chumachenko and Colin Davis (No. 5, 1987) and Johanna Martzy and Eugen Jochum (No. 3, 1955). An entire CD of arias from operas and sacred works and a CD of chamber music complete the program.
And when the sixth CD comes to an end, the question arises whether the whole thing really makes sense, whether real treasures have been unearthed in this compilation of live recordings from the Mozart Festival. Unfortunately, I have to answer this question in the negative. There is a lot of good and very good music, but in view of a mostly not very good recording technique the listening pleasure is rather moderate. There are no totally outstanding interpretations in this program. My expectations were not met.