Der österreichische Komponist Franz Schreker (1878-1934), zu Lebzeiten ein berühmter Mann, wurde bereits 1933 von den Nazis aus dem Musikleben ‘entfernt’. Er starb ein Jahr später an den Folgen eines Schlaganfalls, und es hat bis ins 21. Jahrhundert gedauert, um ihm wieder zu Ansehen, wenn auch nicht zu Popularität zu verhelfen.
Mein Kollege Guy Wagner schrieb 2003 im Pizzicato: « Es bleibt unverständlich, wieso es bis jetzt gedauert hat, ehe man sich wieder bewusst wurde, welch ein Klangmagier da in Wien und Berlin zu Werke ging: Ein Zauberer, der bis zum Wesen der Klänge vorgedrungen war und Klangfarben gestalten konnte, die derart irisierend, derart unwirklich schön sind, dass man nur fassungslos hinhören und in sie hineintauchen kann. Dabei gestaltete Schreker beileibe keine abstrakte Musik; seine Kompositionen sind immer auch mit Aussagen verbunden. »
Mit Liedern und Orchesterwerken bietet dieses Doppelalbum einen guten Querschnitt durch Schrekers Schaffen. Der Hörer kann so die Fin-de-siècle-Kunst des Komponisten auf verschiedenen Ebenen bewundern.
Christoph Eschenbach dirigiert zunächst das sehr stimmungsvolle Nachtstück aus der Oper Der ferne Klang, dann die schöne Valse Lente.
Die Kammersymphonie schrieb Schreker im Jahre 1916. Eschenbach gestaltet das Werk sehr behutsam, geht zartfühlend mit der Musik um, von der Schreker sagte, sie sei von Geheimnisvoll-Seelischem bestimmt, das nach musikalischem Ausdruck ringe. Nichts wird überbetont, nicht forciert, so dass die Musik ihre natürliche Wirkungskraft behält.
Chen Reiss singt die beiden Lyrischen Gesänge mit warmer Stimme und viel Ausdruckskraft. Matthias Goerne steht ihr darin in nichts nach, aber bei ihm bewundert man zusätzlich eine Stimmführung, deren Reichtum an Nuancen, an Farben und Dynamik, den Schreker-Liedern eine ganz andere Qualität gibt.
Eschenbach unterlegt den Gesang der beiden Solisten mit feinem Sinn für die Subtilitäten des Klangs und der Instrumentalfarben und mit einem geradezu französischen Raffinement.
In den beiden Suiten reichen Eschenbachs dirigentische Mittel von feinster Intimität bis zu opulentem Klang. Die glänzend instrumentierten, mit Themen und Motiven angefüllten Kompositionen mit ihren expressiven Höhen und Tiefen, düsteren wie lichthellen Passagen, werden von Eschenbach effektvoll und mit großem Atem von Kulminations- zu Kulminationspunkt geführt.
The Austrian composer Franz Schreker (1878-1934), a famous man during his lifetime, was ‘removed’ from musical life by the Nazis as early as 1933. He died a year later as a result of a stroke, and it has taken until the 21st century to restore him to renown, if not popularity.
My colleague Guy Wagner wrote in Pizzicato in 2003: « It remains incomprehensible why it has taken until now before one has become aware again of what a magician of sound was at work in Vienna and Berlin: a magician who had penetrated to the essence of the sounds and was able to create timbres that are so iridescent, so surreally beautiful, that one can only listen stunned and immerse oneself in them. Schreker by no means created abstract music; his compositions are always connected with statements. »
With songs and orchestral works, this double album offers a good cross-section of Schreker’s oeuvre. The listener can thus admire the composer’s fin-de-siècle art on various levels.
Christoph Eschenbach conducts first the very atmospheric Nachtstück from the opera Der ferne Klang, then the beautiful Valse Lente.
Schreker wrote the chamber symphony in 1916, and Eschenbach shapes the work very carefully, providing a great sensitivity to the music, of which Schreker said it was determined by the mysterious-soulful, struggling for musical expression. Nothing is overemphasized, not forced, so that the music retains its natural impact.
Chen Reiss sings the two Lyrische Gesänge with a warm voice and much expressiveness. Matthias Goerne is in no way inferior to her, but with him one also admires a voice leading whose richness of nuances, of colors and dynamics, gives the Schreker songs a completely different quality.
Eschenbach underpins the singing of the two soloists with a fine sense for the subtleties of sound and instrumental color and with an almost French refinement.
In the two suites, Eschenbach’s conducting resources range from the finest intimacy to opulent sound. The brilliantly orchestrated compositions, filled with themes and motifs, with their expressive highs and lows, gloomy as well as luminous passages, are led by Eschenbach effectively and with great breath from culmination to culmination.