Obwohl Max Bruchs Ruhm zu seinen Lebzeiten in erster Linie auf seiner Chormusik fußte, ist er heute vor allem als Komponist von Violinwerken in Erinnerung geblieben. Neben dem g-moll-Konzert, dessen Popularität zum großen Verdruss des Komponisten seine anderen Werke für Violine in den Hintergrund drängte, begegnet man im modernen Konzertbetrieb gelegentlich noch der Schottischen Fantasie und dem d-moll-Konzert. Er selber tat sich nach dem Erfolg des Ersten Konzerts schwer mit den Violinwerken. 1872 schrieb er an seinen Verleger: « Die Composition von Violinconcerten ist eine verflucht schwere Sache … «
Dabei hat er schon mit neun Jahren komponiert. Als Elfjähriger trat er mit größeren Kompositionen an die Öffentlichkeit. Der junge Musiker wurde von der Mozart-Stiftung gefördert, deren Direktor den Lehrer Hiller ausdrücklich darum bat, « den neuen Mozart-Zögling zu einem wackeren Musiker und Tondichter heranzubilden ». Bereits 1852 erschien in der Rheinischen Musikzeitung ein Artikel über Max Bruch, in dem man ihn mit Mozart und Mendelssohn verglich. Beschrieben wird er als „ein lieber, offener, munterer, kindlich unbefangener Knabe, der, obwohl er nur in Tönen lebt und webt, nichtsdestoweniger auch für andere Gegenstände Geschick und Befähigung zeigt“.
Ganz anders sah es am Ende seines Lebens aus. Wegen seiner Attacken gegen die zeitgenössische Musik (er hatte Richard Strauss als Kunstverderber, radikalen Sudler und Schmierfink bezeichnet), wurde er als Ewiggestriger bezeichnet. Gustav Mahler zufolge war er « ..ein Logarithmentafel-Exponent. »
Antje Weithaas zeigt, dass da jedoch weitaus mehr Musik ist als nur verstaubte Theorie. Das Zweite Violinkonzert wird sehr gestisch und auch sehr einfühlsam gespielt, kontrastreich also. Daraus entsteht ein Spannungspotenzial zwischen zartschön und leidenschaftlich, das dem Werk Größe und Nachhaltigkeit gibt.
Die sehr differenzierende Interpretation der Schottischen Fantasie gibt dem Stück viel Charakter, wobei auch die NDR Radiophilharmonie unter Hermann Bäumers zupackender Leitung viel Farbe ins Spiel bringt. Die liedhaften Themen kommen in ihrer ganzen melodischen Vielfalt bestens zur Geltung.
Das letzte Werk, das Adagio appassionato op. 57, wird nicht nur ergreifend schön gespielt, das silberklare Spiel der Geigerin ist bei aller Innigkeit auch sehr lebendig und bewegungsreich.
Die Tonaufnahme ist räumlich, mit einer ziemlich weit im Vordergrund stehenden Geige und einem dennoch sehr prägnanten Orchester, das mit einem dichten und gleichzeitig transparenten Klang vernehmbar ist.
This first volume of Bruch’s complete works for violin and orchestra is promising. Antje Weithaas brings to the music not only her supreme artistry, but also a style of playing that has generous phrasing with lots of room to breathe, neat rhythmic proportions inflected with expressive passion or, in other passages, the most delicate sweetness. Bäumer and the NDR Radiophilharmonie are committed partners in these exciting performances.