Muzio Clementi: Sämtliche Klaviersonaten Vol. 1 (Klaviersonaten op. 1 Nr. 1-6; op. 7 Nr. 1-3; op. 13 Nr. 6; op. 25 Nr. 5; op. 40 Nr. 2; op. 50 Nr. 3); Giacomo Scinardo, Klavier; 2 CDs Sony Classical 19075973482; Aufnahme 12/2018, Veröffentlichung 10/2019 (137'15) - Rezension von Remy Franck
Giacomo Scinardo ist nicht der erste Pianist und nicht der erste Italiener, der die gesamten Klaviersonaten von Muzio Clementi, dem ‘Vater des Klaviers’ aufnimmt. Clementi komponierte fast 110 davon, und nicht alle sind gleich gut. Erik Satie hat nicht ganz ohne Grund den Stil der frühen Sonaten in seiner Sonatine bureaucratique parodiert.
Giacomo Scinardo hat aber für das erste Album dieser Reihe eine durchaus attraktive Auswahl an bekannten und weniger bekannten Werken ausgewählt.
Er benutzt für seine Aufnahmen einen Steinway D, also ein Klavier, das andere klangliche Möglichkeiten bietet als die Instrumente, die der in London ansässige Italiener zur Verfügung hatte, als er komponierte. Doch man kann, das sei vorweg gesagt, Scinardo nicht den Vorwurf machen, sein Klavierklang sei überdimensioniert, weil er jede massive Kraft tunlichst vermeidet. Er spielt mit größtem Raffinement, transparent, brillant und schillernd, so dass man guten Gewissens behaupten kann, der Geist von Clementi sei nicht verraten worden.
Scinardos kohärenter und subtiler Ansatz ermöglicht es uns, Clementis Musik in sehr feinen und liebenswerten Interpretationen zu entdecken. Nun glaube man ja nicht, das Spiel des Sizilianers sei fade und farblos. Seine Interpretationen sind voller Leben, und er kann auch schon mal ganz robuste Kontraste benutzen, um der Musik mehr Aussagekraft zu geben. Auch gefühlvoll lyrische Momente gibt es zur Genüge, so dass diese Gesamtaufnahme der Sonaten einen exzellenten Start nimmt und eine echte Konkurrenz für Howard Shelleys Einspielungen werden könnte.
Giacomo Scinardo is not the first pianist and not the first Italian to record the complete piano works of Muzio Clementi, the ‘father of the piano’. Clementi composed almost 110 piano sonatas. Not all are equally good and Erik Satie therefore parodied the style of the early sonatas in his Sonatine bureaucratique.
However, Giacomo Scinardo has chosen an attractive selection of well-known and little known works for the first album in this series.
He chose a Steinway D for his recordings, a piano that offers different possibilities than the instruments that the London-based Italian had at his disposal when composing. However, Scinardo’s sound is not oversized because he avoids any massive power. His playing is refined, transparent, brilliant and iridescent, so that one can say that the spirit of Clementi has not been betrayed.
So, Scinardo’s coherent and subtle approach allows us to discover Clementi’s music in very fine and lovely interpretations. But, don’t think the Sicilian’s playing is bland and colourless. His interpretations are full of life, and he can sometimes use very robust contrasts to give the music more expressiveness. There are also plenty of moving lyrical moments, so that this complete recording of the sonatas gets off to an excellent start, making Scinardo a serious competitor for Howard Shelley.