Es ist bezeichnend, dass, wenn es um Orchester geht, der wichtigste kulturelle Botschafter der Türkei kein Ensemble des Erdogan-Staats ist, sondern das komplett privat finanzierte ‘Borusan Istambul Philharmonic Orchestra’. Nach früheren Konzerten in Istanbul und London hat Remy Franck die ‘Borusan’-Musiker in Paris gehört.
Mit dem schmissigen ‘Capriccio à la Turque’ des türkischen Komponisten Ferit Tüzün begann Chefdirigent Sascha Goetzel sein Programm mit viel türkischem Kolorit.
Das Hauptstück des ersten Teils war das 1940 von David Oistrach uraufgeführte Violinkonzert von Aram Khachaturian mit dem franko-serbischen Geiger Nemanja Radulovic. Orchester und Solist bestätigten den guten Eindruck, den wir schon bei ihrer CD-Einspielung hatten, und unserer Rezension haben wir nicht viel hinzuzufügen: Der 33-jährige Radulovic zeigte sich im Khachaturian-Konzert als ebenso virtuoser wie sensibler Musiker, der mit viel Bühnenpräsenz, aber ohne Showgebaren hinreißend brillante und bewegend zarte Klänge produzierte. Der langsame Satz war ein Musterbeispiel stimmungsvollen und verinnerlichten Musizierens. In zwei Zugaben bedankte sich der generös musikalische Geiger bei dem jubelnden Publikum im ‘Théâtre des Champs-Elysées’.
Das türkische Orchester spielte nach der Pause Mily Balakirevs orientalische Fantasie ‘Islamey’ in einer Orchesterbearbeitung von Sergueï Mikhailovitch Liapunov. Mit virtuosem Schwung und vielen Farben zeigten die Musiker aus Istanbul ihr hohes Niveau.
Mit Stravinskys ‘L’Oiseau de feu’-Suite von 1919, beendete das ‘Borusan Philharmonic’ sein Pariser Konzert, das gleichzeitig das letzte der diesjährigen Europatournee war. Die russische Märchenwelt bekam hier einer eher türkischen Charakter, aber das Orchester konnte seine Qualitäten einmal mehr ausspielen, bevor es sich mit einer Zugabe, dem farbig-folkloristischen Stück ‘Köçekçe’ des türkischen Komponisten Ulvi Cemal Erkin verabschiedete.