Die türkischen Zwillingschwestern Ferhan und Ferzan Önder engagieren stark für zeitgenössische Musik. Ihr neuestes Projekt ‘Anonymous was a Woman’ beinhaltet zum Teil neue Werke von sieben Komponistinnen unterschiedlicher Nationen, « die dem Zeitgeist ihrer jeweiligen Herkunftskultur entsprechen », wie es in einer Pressemitteilung heißt.
Am Ursprung des Projekts steht ein Zitat aus Virginia Woolfs Essay ‘A room of one’s own’: « Indeed, I would venture to guess that Anon, who wrote so many poems without singing them, was often a woman. Der Satz, der oft auch als « anonymous was a woman“ wiedergegeben wird, weist auf die Tatsache hin, dass insbesondere im 18. und 19. Jahrhundert eine Veröffentlichung literarischer Werke von Frauen nur unter männlichem Pseudonym möglich war. Basierend auf der Vorstellung, dass ‘anonymous’ viele weibliche Gesichter hat, haben die Önder-Schwestern sechs Komponistinnen angesprochen, sich dem Thema der Anerkennung und Wahrnehmung von Frauen weltweit musikalisch zu widmen. Dank Crowdfunding konnten die Kompositionen in Auftrag gegeben werden, die für das Klavierduo geschrieben oder ihnen gewidmet wurden.
Das Konzept des Konzertes soll Frauen eine Stimme geben und exemplarisch Unterdrückung und Ungerechtigkeit aufzeigen.
Eine der Neukompositionen für 2 Klaviere ist ‘Jyoti’ (Sanskrit für „Licht“) von Amritha Vaz. Das Stück ist eine Hommage an Jyoti Singh, die 2012 Opfer einer Massenvergewaltigung in Indien wurde. “I don’t intend to portray her as a victim but rather as a symbol for action, activism, strength, independence and resilience”, so die Komponistin. Andere Werke kommen von Bushra El-Turk (Großbritannien/Libanon), Anna Drubich (Russland), Sidika Inci Özdîl (Türkei), Johanna Doderer (Österreich), Rachel Grimes (USA).
Verbunden werden die Musikstücke mit Texten, in denen das Thema weiblicher Identität vorkommt.
Die Uraufführung des Projekts ist am 10. Juli 2016 beim ‘Kleinen Sommerfestival’ in der Remise in Gauting (bei München). Erstmalig arrangiert mit literarischen Texten aus weiblicher Feder wird so ein Konzert gestaltet, das « einer musikalischen Stimme, die den Mut, die Kraft, die Liebe und die Stärke von Frauen in dieser Welt ausdrückt“ Raum geben soll (Ferhan und Ferzan Önder).