Der Bildhauer, der sich in sein Werk verliebt und die Götter mit seiner Wehklage überredet, dem Stein Leben einzuhauchen, auf dass diese Frau natürlich die Liebe erwidert, so dass die beiden sich ihre Liebe gestehen können, das ist das Sujet des Balletts von Jean-Philippe Rameau, das man auch als Oper(nakt) bezeichnen könnte, da auch Gesangspartien komponiert sind. Zusammen mit der Orchestersuite aus dem Ballett ‘Les Fêtes de Polymnie’ wurde es für diese Einspielung ausgewählt. Den Ballettcharakter unterstützt das vierte Bild, in dem Grazien der belebten Statue verschiedene Tänze beibringen.
Bei der Ausgestaltung haben Rameau und sein Librettist Ballot de Sauvot den künstlerischen Ausdruck als höchste Form menschlicher Betätigung zeigen wollen. Die Vorlage war noch als Preisung der Liebeskunst verfasst worden und damit der Zensur unterworfen. Die Rolle des Pygmalion weist dem Solisten mannigfache Ausdruckmöglichkeiten zu. Dieser Blick auf das Selbstverständnis des Menschen ist auch ein Zeichen für das Zeitalter der Aufklärung.
Dieses Werk kann auch als Basis für die Klangfarbendisposition gesehen werden, die später ein typisches Kennzeichen französischer Musik war.
‘Les Fêtes de Polymnie’ ist ein anderes Beispiel für die auf die Zukunft gerichtete Sicht von Rameau, der die Ouvertüre mit einem für seine Zeit wagemutigen Septakkord beginnen lässt.
Mit dieser Einspielung schließt sich Christophe Rousset mit ‘Les Talens Lyriques’ den bereits vorhandenen Aufnahmen bekannter historisch spielender Ensemble an. Den Musiker gelingt wie gewöhnlich eine lebhafte und farbenreiche Interpretation.
Die Gesangspartien werden von einem Frauentrio für die Rollen der Céphise, Frau von Pygmalion, Statue und Liebesgott sowie dem Tenor des Bildhauers gestaltet, die allesamt eine vielseitige Opern- und auch Konzerterfahrung haben. Sie geben den Partien den leichten Ballettcharakter und trotzdem auch die nötige tiefe, um die Intensität der Gefühle ausdrücken zu können.
Allein schon aus der Rolle heraus am vielgestaltigsten stellt Cyrille Dubois Pygmalion dar, der sowohl seine grenzenlose Überraschung, als die Statue zu atmen beginnt, als auch die kolossale Freude am Ende überzeugend darbietet. Marie-Claude Chappuis als Céphise bzw. betrogene Ehefrau hat die inhaltlich undankbarste Aufgabe, kann diese Zurückweisung aber eindrucksvoll mitteilen. Die von ihrer Belebung selbst überraschte Statue, Céline Scheen, gewinnt mit der persönlichen Sicherheit nach der ersten Überraschung auch stimmlich festeren Boden. Schließlich die Liebe bzw. Amor, Eugénie Warnier, die verschmitzt lobpreisend auch ihr Werk begrüßt.