Die griechische Passion ist keine Passion, sondern eine heute hoch aktuelle Oper von Bohuslav Martinu. Sie basiert auf dem Roman ‘Der wieder gekreuzigte Christus’ von Nikos Kazantzakis. In der Oper wird die christliche Botschaft der Nächstenliebe in Frage gestellt, als eine Gruppe von Flüchtlingen aus einem kleinen griechischen Dorf vertrieben wird, dessen Bewohner in der Karwoche ein Passionsspiel aufführen. Die Dorfgemeinschaft reagiert gespalten: Während die Mehrheit der Gemeinde die Schutzsuchenden abweist, solidarisieren sich die Passionsdarsteller immer mehr mit ihnen, allen voran der Schafhirte Manolios, der die Rolle des Christus spielt.
Die Oper wurde 1961, also zwei Jahre nach Martinus Tod, unter der musikalischen Leitung von Paul Sacher am Stadttheater Zürich uraufgeführt, aber es war vor dieser deutschsprachigen Fassung eine englischsprachige entstanden, die 1957 am ‘Royal Opera House‘ in London von Rafael Kubelik uraufgeführt werden sollte. Die geplante Uraufführung wurde jedoch letztlich mit der Begründung abgelehnt, dass die Oper zu viel gesprochenen Text enthalte. Angeblich soll der britische Komponist Arthur Bliss bei der Ablehnung eine Rolle gespielt haben.
Martinu überarbeitete die Partitur daraufhin grundlegend und reduzierte die gesprochenen Teile bis auf die kleine Rolle des Ladas. Den ursprünglich fast durchgängigen Rezitativstil ersetzte er durch Ariosi. « Die dramatischen Stellen und die Orchesterzwischenspiele setzen sich in der Erstfassung deutlich von den mehr statischen und kontemplativen Teilen ab. Die Zweitfassung dagegen wirkt musikalisch einheitlicher », heißt es in einer Analyse.
Beide Versionen wurden seit der Mitte des letzten Jahrhunderts immer wieder gespielt und auch aufgenommen. Für die Produktion in Graz wählte Dirk Kaftan die englischsprachige Urfassung aus. Der Dirigent sagt, es seien « archaische religiöse Welten aus ritueller Musik », die den Zuhörer erwarten, « von der man oft nicht genau weiß: singt gerade der Muezzin oder sind wir in einer orthodoxen Messe. Dann wieder leidenschaftlich, heftig emotionale Ausbrüche … « . Es sei eine « Musik, die Jahrhunderte miteinander verbindet: modern, aber nicht Zeitgeist. Direkt packend und verständlich, frei, ohne Rücksicht auf Erwartungen von außen, wie Musik in den 50er Jahren zu klingen hat. »
Martinu hat für diese Oper eine Tonsprache gewählt, die seine früheren musikalischen Erfahrungen mit Elementen griechischer Folklore, griechisch-orthodoxer Liturgie und Tanzmusik verbindet. Die Besetzung ist enorm: Rund zwanzig Solisten, Sänger und Schauspieler, ein großer Chor, ein großes Orchester.
Die Musik ist nicht unbedingt leicht, streckenweise aber sehr eindringlich und gefällig. Um alles gut mitzubekommen, muss man schon das Textbuch zur Hand zunehmen, in dem der gesungene Text abgedruckt ist.
Die Aufführung hat ein sehr hohes Niveau, mit guten Solisten guten Chören und einem engagiert musizierenden Orchester. Und so ist dies denn zweifellos eine sehr wichtige Veröffentlichung, die das Interesse eines breiten Opernpublikums verdient.