Opern-Studioproduktionen sind heute eher selten, und daher muss man den für diese ‘Otello’-Einspielung betriebenen Aufwand gebührend hervorstreichen. Und der Aufwand hat sich auch noch gelohnt! Lawrence Foster dirigiert einen insgesamt weniger kraftvollen, weniger brillanten und dramatischen ‘Otello’ als viele seiner Kollegen, er legt mehr Wert auf Gefühlsnuancen und Gefühlsveränderungen, was gerade bei dieser Oper zu einem interessanten Ergebnis führt.
In dieses musikalische Umfeld fügt sich Nikolai Schukoff sehr gut ein. Der österreichische Tenor (*1969) feiert mit dieser Aufnahme sein Rollendebüt als Otello. Er gestaltet die Figur facettenreich und viel lyrischer als andere Sänger. Die Stimme ist weit gestreckt und bewältigt auch die Anforderungen in der Höhe meistens sehr gut. In der Mittelage kann er mit den größten Interpreten nicht mithalten, aber was ihm an darstellerischer Autorität fehlt, gleicht er mit Lyrismus und Wärme aus. Schukoff zerbricht anders als andere Interpreten an der Eifersucht des Mohren. Und wenn ich von anderen Interpreten spreche, dann meine ich die von früher, denn nach heutigen Verhältnissen gehört Schukoff an die Spitze.
Melody Moores ist eine sehr gute Desdemona mit klangvollen Stimme, aber Lester Lynch bleibt dem Iago manches schuldig. Sicher, auch er passt sich Fosters Auffassung an, aber etwas mehr Schärfe und Dämonie hätte sein Iago dennoch bekommen müssen. Die Nebenrollen sind gut besetzt, und Chor sowie Orchester der Gulbenkian Stiftung aus Lissabon sind solide Instrumente in der Hand des intelligent gestaltenden Lawrence Foster.
Die Pentatone-Aufnahme ist technisch vom Feinsten.