
Die Geigerin Franziska Pietsch ist dem großen Publikum weniger bekannt. Ihre bisherigen Einspielungen, die sich fast ausschließlich der Kammermusik gewidmet haben, zeigten gleichwohl, dass diese Unkenntnis zu Unrecht besteht. Denn Pietsch überzeugte mit ihrem ebenso ausgereiften Spiel wie ihren hochmusikalischen Interpretationen. Jetzt legt sie mit der Symphonie espagnole von Lalo einen Selbstläufer des Repertoires vor.
Daneben widmet sie sich dem Konzert von Richard Strauss. Dieses Jugendwerk treibt bereits in den ersten Takten das Soloinstrument von tiefen Tönen in höchste Höhen. Auch danach stellt es sich als ein hochvirtuoses Konzert in Fortsetzung der Tradition von Mendelssohn oder Bruch dar. Auch wenn die Geige hier mit glänzenden Passagen und wirkungsvollem Auftritt bedacht wird, führt das Stück eher ein Schattendasein. Dazu haben die immensen Anforderungen an das Können des Solisten bei gleichzeitigem Desinteresse des Publikums daran beigetragen.
Pietsch zeigt einmal mehr, wie sicher und selbstbewusst sie mit diesen Fallstricken fertig wird und darüber hinaus noch entspannt die musikalische Aussage des Werkes formt. Im ersten Satz spielt sie die straussschen Aufschwünge und prägt den hymnischen Tonfall. Im zweiten Satz, schlicht und doch auch juwelhaft, belässt sie es bei dem wirkungsvollen Ausdruck, den sie elegant unaufdringlich serviert. Halsbrecherisch erklingt die Tarantella im Finalsatz, wenn Flöte und Geige sich jagen. Aber Pietsch behält die Oberhand und kann sich dazu noch der sorgfältigen Gestaltung widmen. Bei allem bleibt ihr Spiel klangsensibel, sauber und entspannt, als ob es nichts zu bewältigen gäbe.
Auch in der Symphonie espagnole widmet sie sich nicht minder wirkungsvoll und gestaltend dem Solopart. Dabei weiß sie die zirzensische Seite durchaus zu bedienen, behält aber immer das Hauptaugenmerk darauf, die inhaltliche Seite des Stückes mit nachhaltigem Einsatz auszuloten. Sie nimmt jeden Ton ernst und gibt sich nicht einem bedingungslosen Rausch der Darstellung hin. Trotzdem sicher sie der Musik ihre Präsenz und Spritzigkeit, so dass alles wie neu und nicht abgestanden wirkt. Für Franziska Pietsch spiegeln sich gerade in diesem Konzert alle Bewegungen und titelgebenden Gezeiten des Lebens, für die die Musik ein Abbild ist.
Das Orchester der Stadt Granada unter Dirigent Jonathan Pasternack ist bisher für Aufnahmen allenfalls am Rande in Erscheinung getreten. Hier stellen sie sich mit Hingabe an die Seite der Solistin. Ihr Spiel ist präsent, strukturiert und selbstbewusst. So geben sie der Solostimme eine Umgebung und damit weit mehr als nur Stichworte. Aber sie gehen nicht soweit, ihr den Vortritt streitig zu machen. Eine gelungene Aufzeichnungstechnik, die durchhörbar ist, aber nicht asketisch dünn, und der Begleittext ergänzen diese Produktion angenehm.
The violinist Franziska Pietsch is less well known to the general public. Her previous recordings, which have been almost exclusively devoted to chamber music, have shown that this ignorance is unjustified. Pietsch’s playing is just as mature as her highly musical interpretations. Now, with Lalo’s Symphonie espagnole, she presents a self-runner in the repertoire.
She also devotes herself to the concerto by Richard Strauss. In the very first bars of this youthful work, the solo instrument is propelled from low notes to the highest heights. Even after that, it presents itself as a highly virtuosic concerto in the tradition of Mendelssohn or Bruch. Even though the violin is given brilliant passages and an effective performance here, the piece leads a rather shadowy existence. The immense demands on the soloist’s ability and the simultaneous lack of interest on the part of the audience contributed to this.
Pietsch once again demonstrates how confidently and self-assuredly she copes with these pitfalls and also shapes the musical statement of the work in a relaxed manner. In the first movement, she plays the Straussian upswings and shapes the hymn-like tone. In the second movement, simple and yet also jewel-like, she leaves it at the effective expression, which she serves elegantly and unobtrusively. The tarantella in the final movement sounds breakneck when the flute and violin chase each other. But Pietsch retains the upper hand and is able to devote herself to careful shaping. Despite everything, her playing remains sensitive, clean and relaxed, as if there was nothing to master.
In the Symphonie espagnole, too, she devotes herself to the solo part with no less effectiveness and creativity. In doing so, she certainly knows how to serve the circus side, but always keeps the main focus on exploring the content of the piece with sustained commitment. She takes every note seriously and does not indulge in an unconditional frenzy of performance. Nevertheless, she ensures that the music retains its presence and liveliness, so that everything seems new and not stale. For Franziska Pietsch, this concert in particular reflects all the movements and eponymous tides of life, for which music is an image.
The Orchestra of the City of Granada under conductor Jonathan Pasternack has so far only made a marginal appearance in recordings. Here, they are at the side of the soloist with dedication. Their playing is present, structured and self-confident. They give the solo voice an environment and thus far more than just cues. But they do not go so far as to dispute her lead. A successful recording technique, which is audible but not ascetically thin, and the accompanying text pleasantly complement this production.