Ein Gericht in Nantes hat jetzt die Musikagentur ‘FranceConcert’ als Arbeitgeber weißrussischer Musiker wegen Nichteinhaltung des geltenden Tarifvertrags verurteilt. Der Fall reicht zurück bis ins Frühjahr 2014, als das Unternehmen eine sechswöchige Tournee mit einer Inszenierung von Tchaikovskys ‘Schwanensee’ mit dem Orchester und Ballett der Bolschoi-Oper von Minsk durch Frankreich organisierte.
Bei dieser Tournee erhielten die Musiker ihr übliches Gehalt (durchschnittlich 350 € im Monat) ebenso wie ein Tagegeld von 40 € pro Tag in bar. Sie unterlagen besonders schweren Arbeitsbedingungen und mussten 13 Tage hintereinander ohne einen einzigen Ruhetag an den Aufführungen mitwirken. Gleichzeitig, so schreibt die Musikerföderation FIM, habe ‘FranceConcert’ Tausende Eintrittskarten verkaufte, pro Stück etwa 50 €.
Mit Unterstützung der französischen Musikergewerkschaft (SNAM-CGT) haben die Musiker geklagt. Eine einstweilige Verfügung spricht ihnen ein rückwirkendes Gehalt auf Grundlage des Tarifvertrags, d.h. 1.300 € durchschnittlich pro Musiker, zu.
Am 14. April 2016 wies das Arbeitsgericht von Nantes, das eine Entscheidung in der Sache treffen musste, jedem Musiker weitere 12.500 € zu. Insgesamt beträgt die laut Verurteilung zu zahlende Summe pro Künstler etwa 14.000 €.
Die SNAM-CGT (Musikergewerkschaft der CGT) war am Prozess beteiligt, um festzustellen, welcher Schaden damit den gemeinsamen Rechten der Musiker beigefügt worden ist. ‘FranceConcert’ wurde im Anschluss dazu verurteilt, dieser 2000 € Entschädigung und 1000 € Zinsen im Rahmen der Verfahrenskosten zu bezahlen.
Die internationale Musikerföderation FIM wertet das als « eine historische Entscheidung. Auch wenn es nicht ungewöhnlich ist, dass ein Veranstaltungsunternehmen wegen illegaler Praktiken verurteilt wird, so ist es das erste Mal in Frankreich der Fall, dass ausländische Künstler/innen einzeln ihren Arbeitgeber verklagen können. Der Betrag der erteilten Verurteilungen (mehr als 283 000 € insgesamt, zu denen die Sozialabgaben hinzukommen) stellt derzeit einen Rekord dar, der, so hoffen wir, eine Abschreckung für die Arbeitgeber sein wird, wenn sie versucht sein könnten, sich über geltende Tarifverträge hinwegzusetzen. »
Auf der anderen Seite könnte das aber auch ein Pyrrhussieg sein. Wenn der Konzertveranstalter gar kein Geld mehr verdient oder gar defizitär arbeitet (und die meisten Kulturbetriebe arbeitend defizitär, wenn sie nicht subventioniert werden) wird er keine solche Tourneen mehr veranstalten. Und die Musiker werden dann gar nichts mehr verdienen. Dass die gezahlte Gage ungenügend hoch war, steht außer Zweifel, aber wenn Musiker aus einem Land, in dem die Lebenskosten um ein Vielfaches niedriger sind als in Frankreich, nach französischen Tarifen bezahlt werden müssen, und daher wegen fehlender Veranstaltungen in Zukunft keine Arbeit mehr finden, ist ihnen auch nicht gedient.