Wojciech Rajski beendet seinen 2005 begonnenen Beethoven-Zyklus mit der 9. Symphonie, die im Sommer 2015 in der Johanneskirche von Danzig aufgenommen wurde. Bislang hatten wir nur SACDs der Symphonien, im prächtigen ‘Real Surround Sound’. Diese Box enthält Stereo-Abmischungen aller Aufnahmen, aber Tacet kündigt die Veröffentlichung der 9. Symphonie auf SACD und LP sowie auch den gesamten Zyklus auf Blu-ray im Tacet ‘Real Surround Sound’ an. Audiophil interessierte Leser sollten sich also etwas gedulden, denn die transistorfrei aufgenommen Beethoven-Symphonien sind im ‘Surround Sound’ etwas ganz Außergewöhnliches.
Mitten in einer Beethoven-Symphonie zu sitzen, garantiert ein neues Hörerlebnis und ist durchaus nicht unnatürlich. Vor allem die Blasinstrumente haben einen ganz anderen Klang, sie treten im Diskurs individueller auf und haben uns deutlich etwas Persönlicheres zu sagen als im Gesamtklang, wie man ihn im Konzert vor Ohren hat. Im letzten Satz der 7. Symphonie etwa, wo das Orchester fortissimo aufdreht, kommt dann das physische Vibrieren dazu, das eine weitere Steigerung im Erfahren von Schall mit sich bringt.
Aufnahmetechnisch ist allerdings auch die Stereofassung schon ganz exzellent, der Klang fasziniert durch seine Ausgewogenheit und seine Transparenz.
Wojciech Rajski dirigiert die Symphonien in den Ecksätzen mit dem für ihn typischen Drive, in den langsamen Sätzen mit viel Sinn für blühende Bläserfarben. Er legt viel Wert auf ein pulsierendes, reich akzentuiertes, transparentes und immer spannungsvolles Musizieren, das Beethovens Symphonien aber dennoch sehr natürlich fließen lässt. Daher kommt diese zwingende Kraft und ein wohl selten vernommener Klangreichtum, den wir in den ersten acht Symphonien so sehr bewundert haben, als sie einzeln erschienen.
Die Neunte, die einzige Neueinspielung in dieser Box, verlässt den Weg nicht, den ihre Vorgängerinnen gegangen sind. Kraftvolles, geradliniges, aber detailreiches Musizieren charakterisiert die beiden ersten Sätze. Da fallen einem schon immer wieder Einzelheiten auf, die ‘neu’ klingen.
Den dritten Satz gestaltet Rajski völlig unpathetisch und doch zutiefst lyrisch.
Der Beginn des Schlusssatzes ist ganz außergewöhnlich: es ist genial, wie Rajski hier Beethovens Truppen aufstellt und die Spannung auflädt, die im Chorfinale alle Lichter anzündet. Keine falsche Feierlichkeit gibt es hier, nur fröhliche, unbekümmert beschwingte Freude. Dass der Chor dabei weniger homogen und auch weniger sauber klingt als Chöre mit höherem Niveau in anderen Aufnahmen, was soll’s, hier wird aus voller Lunge und mit viel Begeisterung gesungen, und das ist auch was wert.