Johann Georg Pisendel: Neue Sonaten für Violine in a- und e-Moll, D- und G-Dur, Anonymus: Sonate in D für Cembalo; Scaramuccia Ensemble (Javier Lupianez, Violine & Leitung, Ines Salinas, Violoncello, Patricia Vintem, Cembalo); 1 CD Snakewood Edition SCD202001; Aufnahme 02/2020, Veröffentlichung 12/2020 (59'14) – Rezension von Uwe Krusch
Pisendel war einen Großteil seines beruflichen Lebens an der Hofkapelle in Dresden, als Geiger, meist als Konzertmeister, tätig. Dieser zu seiner Zeit hochgeschätzte Violinist musste im Rahmen seiner Position auch komponieren, doch haben Kriegswirren und Brände die Zahl der überlieferten Werke stark reduziert. Aus seiner eigenen Sammlung von Partituren aus dem sogenannten ‘Schrank II’ in Dresden haben die Musiker von Scaramuccia vier Sonaten für Violine und Continuo ausgewählt. Die erste erklingt aus einer erstmals veröffentlichten Handschrift, die starke Abweichungen zu anderen Einspielungen zeigt. Bei den anderen ist die Urheberschaft nicht klar. Denn etliche Werke in diesem ‘Schrank II’ tragen Pisendels Handschrift, sind aber nicht gekennzeichnet, so dass sie auch von anderen Komponisten sein könnten und er sie lediglich gesammelt hat. Die Anlage der Werke deutet jedoch auf ihn hin.
Zwischen diese vier Sonaten hat Scaramuccia ein Solowerk für Cembalo, ebenfalls aus diesem ‘Schrank II’, eingefügt. Dessen Herkunft ist unklar, aber wegen der feinen Machart könnte ebenfalls Pisendel der Urheber sein. Auch die Verzierungen lassen sich in den Handschriften nachvollziehen, so dass die Interpreten sich haben inspirieren lassen.
Nach einer gemischten Einspielung mit ebenfalls wenig bekannten Werken zeigen die drei Musiker von Scaramuccia auch bei Pisendel eine lebendig aufspielende Sicht, die auf Basis ausgefeilter Technik dem Hörer ermöglicht, die gereifte Kompositionstechnik und Intensität des musikalischen Ausdrucks nachzuvollziehen. Dass der Geiger dabei mitunter geradezu virtuos agieren muss, aber auch ausdrucksvolle langsame Passagen gestalten kann, macht die vielen feinen Aspekte der Partitur hörbar. Cellistin und Cembalistin ergänzen diesen Ansatz unprätentiös mit aufmerksam unterstützendem Spiel. Seinem Namen nach wagt sich das Ensemble in dieses kleine Gefecht und gewinnt es mit flinkem Bogen und intensivem Klang.
Pisendel spent much of his professional life at the Hofkapelle in Dresden, working as a violinist, mostly as concertmaster. As part of his position this violinist, highly esteemed in his day, also had to compose, but the ravages of war and fires have greatly reduced the number of surviving works. From his own collection of scores from the so-called Schrank II in Dresden, Scaramuccia’s musicians have selected four sonatas for violin and continuo. The first is from a manuscript published for the first time, which shows strong deviations from other recordings. With the others, the authorship is not clear. A number of the works in this second volume bear Pisendel’s handwriting, but are not marked, so that they could also be by other composers and he merely collected them. The layout of the works, however, points to him.
Between these four sonatas, Scaramuccia has inserted a solo work for harpsichord, also from this cabinet Schrank II. Its origin is unclear, but because of the fine style, Pisendel could also be the author. The ornaments can also be traced in the manuscripts, so that the performers were inspired.
After a recording with likewise little-known works, the three musicians of Scaramuccia also show a lively performance of Pisendel, which, on the basis of sophisticated technique, enables the listener to understand the mature compositional technique and intensity of musical expression. The fact that the violinist sometimes has to act almost virtuosically, but can also create expressive slow passages, makes the many fine aspects of the score audible. Cellist and harpsichordist unpretentiously complement this approach with attentively supportive playing. In keeping with its name, the ensemble ventures into this little fray and wins it with a nimble bow and intense sound.