MTT und Robert Schumann: die Kombination ist neu und unverbraucht. Und so klingt sie auch! Michael Tilson Thomas ‘ne cherche pas midi à 14 heures’, wie die Franzosen sagen, und dirigiert einen romantisch erfühlten und im Detail sehr lebhaften Schumann.
Die Erste Symphonie kommt zwar mit breitem und großem Sound daher, aber unpathetisch und frisch pulsierend, mit wunderbar leichten und beschwingten Streichertexturen. Die Frühlingssymphonie und gleich danach die Zweite zeigen, welch schöne, elegant-flüssige und lichtvolle Musik Schumann geschrieben hat. Ja, das Wort ‘Charme’ scheint mir angebracht, um die beiden Interpretationen zu beschreiben: keine aufgeblasene Dramatik, keine überflüssige Aufregung, kein kaltes Drive fälschen dieses ausgewogene, von einem feinen Rubato gesteuerte Schumann-Bild, das sich im Übrigen in den langsamen Sätzen durch eine perfekte Mischung von Gefühl und Zurückhaltung auszeichnet.
Die ‘Rheinische’ fließt mit einem eher breiten Atem, aber ohne Schwere, innerlich fein nuanciert, mit Artikulierungen, die aufhorchen lassen und MTTs genuines Gespür für Schumann zeigen. Auch die Vierte bleibt in einem natürlichen Fluss sehr rhetorisch und in ihrer Detailverliebtheit auch lebendig.
Diese sehr schönen Wiedergaben sind auch ohne große neue interpretatorische Aspekte bemerkenswert, weil der Dirigent immer den Faden in der Hand hat, besorgt, die Musik beweglich und farbig zu gestalten und die großen gesanglichen Bögen herauszuarbeiten. Es ist dieser harmonische Duktus, der den Reiz der Aufnahmen ausmacht, deren hoher Rang auch durch die Ganzheitlichkeit der Darstellung bestimmt wird.