Viel Jubel gab es gestern Abend in der Luxemburger Philharmonie für den Solisten Christoph Sietzen und die Solistes Européens Luxembourg unter der Leitung ihres Chefdirigenten Christoph König. Remy Franck berichtet.
Begonnen hatte der Abend allerdings ohne Applaus, mit einer Hommage an den verstorbenen Großherzog Jean. Die SEL spielten den Trauermarsch aus Beethovens Eroica, wunderbar ausgeglichen, tief bewegend in der Einfachheit der Aussage. Keinen Applaus gab es danach, aber eine Schweigeminute von immenser Stille.
Das reguläre Programm begann mit Joseph Joachim Raffs Symphonie Nr. 9 mit dem Titel ‘Im Sommer’, die der Dirigent Hans von Bülow zu einer von Raffs besten Kompositionen zählte. Christoph König hütete sich vor Pathos und Auftrumpfen, er schuf einen schönen Ausgleich zwischen den energetischen Themen und den sanften Passagen, förderte das Tänzerische, das Schwebende mit leichtem Musizieren in einer ebenso poetischen wie sinnlichen Interpretation, in der pastorale Würde ideal mit Charme und Sanftmut verbunden wurden.
Mit dem Percussion-Konzert ‘Spices! Perfumes! Toxins!’ landete der 1975 geborene israelische Komponist Avner Dorman 2006 einen Hit. Ein Jahr später komponierte er ein zweites Konzert mit dem Titel ‘Frozen in Time’, das der Luxemburger Percussionist Christoph Sietzen zusammen mit den Solistes Européens Luxembourg aufführte.
Das Stück will die Musik auf prähistorischen Kontinenten fixieren. Der erste Satz, ‘Indoafrica’, basiert auf südindischen und afrikanischen Rhythmen. ‘Eurasia’ ist laut dem Komponisten eine Erkundung der dunkleren Seiten des europäischen Kontinents mit, als Hauptrhythmik, der Siciliana, wie sie u.a. bei Mozart vorkommt. ‘The Americas’, der letzte Satz, führt in die Gegenwart, mit Broadway-Rhythmik, amerikanischer Symphonik und Rock sowie südamerikanischer Rhythmen.
Christoph Sietzen spielte technisch brillant und sehr energiegeladen, manchmal regelrecht euphorisch in den Ecksätzen und kostete die ätherischen Momente des Mittelsatzes gefühlvoll aus. Zusammen mit dem Orchester gelang es ihm, das Gefrorene in eine heiße Musik zu verarbeiten. Das Publikum zeigte sich begeistert ob dieser spektakulären Leistung, und Sietzen bedankte sich mit einer Piazzolla-Zugabe an der Marimba, mit zauberhaft schwebenden Klängen. Sietzen hat das Dorman-Konzert übrigens auch aufgenommen. Die Pizzicato-Rezension dazu gibt es hier.
Auch für Königs Deutung der Frühlingssymphonie von Robert Schumann bewahrheitete sich, wie schon bei Raff, dass weniger oft mehr ergibt. Er leitete das Werk ohne Emphase, ohne falsche Feierlichkeit, in einer guten Mischung von schwärmerischer Verliebtheit und jugendlichem Elan und nach sorgfältig angelegten Steigerungen mit prächtigen hymnischen Klängen, in der die Kohärenz des Orchesters einmal mehr beeindruckte. Und so ging dieses Programm inspiriert und phantasievoll zu Ende.