Einige der besten Scala-Mitschnitte unter der Leitung von Riccardo Muti hat Arthaus Musik in dieser Box vereint. Viel Gutes ist z.B. über die 1998 aufgenommene ‘Manon Lescaut’ von Puccini zu sagen. Riccardo Muti injiziert eine gehörige Dosis Vitalität in Puccinis Partitur, Maria Guleghina ist eine stimmlich tadellose Manon, José Cura ein guter Des Grieux. Liliana Cavani hält sich in ihrer Inszenierung eng an das Libretto und sorgt für viel Bewegung in dem eleganten und farbigen Bühnenbild von Dante Ferretti.
Gioacchino Rossinis in französischer Sprache gespielte Opera seria ‘Moïse et Pharaon’ wurde von Luca Ronconi in üppigen Bildern ausstaffiert und die riesige Bühne der Mailänder Scala ist ein idealer Spielort für die gewaltigen Dimensionen dieses Werkes. Riccardo Muti dirigiert ungewöhnlich weich, verzichtet fast durchgehend auf die sonst von ihm gewohnten harten Akzente und bleibt letztendlich sehr lyrisch. Das kommt den Sängern natürlich sehr zugute, die von Muti quasi auf Händen getragen werden. So gibt es auch nur hervorragende Sängerleistungen zu vermerken, wenn auch jetzt keine wirklich außergewöhnliche Stimme zu hören ist. Und vielleicht tut gerade das dieser Aufführung gut, denn hier wird wieder der Geist des Ensemble-Theaters lebendig, bei dem es keinen ‘Star’ gibt.
Donizettis ‘Don Pasquale’ lebt von der musikalischen Leitung Riccardo Mutis, der die Musik so voller Energie pumpt, dass sie mit seltenem Übermut und toller Spritzigkeit aus den Lautsprechern quillt. Aber Muti hat auch Komplizen: das Orchester ganz gewiss, das seinen Willen mit viel Musizierlust umsetzt, und das Sängerquartett, das sehr harmonisch wirkt. Ferruccio Furlanetto gibt einen wunderbaren Don Pasquale ab, der nie ins Alberne abgleitet und auch kein alter Trottel ist, weil der Sänger die Komik der Rolle mit viel Lust an der Sache herausarbeitet. Lucio Gallo ist ein exzellenter Dottore Malatesta, während die Rolle der Norina mit der grandios singenden und spielenden Nuccia Focile optimal besetzt ist. Sehr gut ist ebenfalls Gregory Kunde als Ernesto: Er spielt die Rolle des jungen Verliebten brillant und singt mit einer strahlenden Tenorstimme.
Graham Vicks ‘Otello’ eröffnete 2001 die Saison der Scala und war ein Triumph für den Regisseur wie auch für die Sänger und den Dirigenten. Mit viel Sinn für Dramatik ist Domingo ist ein absolut überlegener Sängerdarsteller in dieser Rolle und sein Porträt des letzten Endes an seiner eigenen inneren Unsicherheit scheiternden Mohren ist bewegend. Stimmlich ist er fast makellos in jeder Lage. Ihm gegenüber steht eine junge und selbstsichere Desdemona, einwandfrei gesungen von Barbara Frittoli. In den anderen Rollen überzeugen Leo Nucci als Iago, Cesari Catani als Cassio. Am Pult des exzellenten Orchesters der Scala gelingt Riccardo Muti ein Dirigat, das durch seine differenzierende Interpretation ebenso überzeugt wie durch ihren großen dramatischen Atem.
Graham Vicks Regie ist werkbezogen, die Kostüme entsprechen der Ort und der Zeit der Handlung. Vick geht es also nicht um eine Umdeutung der Oper, sondern und das psychologische Drama, das sich daran abspielt. Und das gelingt ihm sehr gut und überzeugend. Somit ist diese Bühnenaufführung eine valable Alternative zu Herbert von Karajans verfilmter Oper mit John Vickers und Mirella Freni.
Die Scala-Produktion der Poulenc-Oper ‘Dialogues des Carmélites’ wird von Robert Carsen einfühlsam und schlicht inszeniert, und dieser Ästhetik begegnet Muti mit einem ebenso ‘einfachen’ wie musikalisch ‘schönen’ Dirigat. Die (vorwiegend weibliche) Besetzung ist ausgezeichnet, wobei insbesondere Dagmar Schellenberger als Blanche und Anja Silja (die alte Priorin) wegen ihrer starken Bühnenpräsenz zu erwähnen sind.