Spannungsvoll, dramatisch und klanglich von einer atemberaubenden Qualität: Daniele Gattis erste Aufnahme mit seinem neuen Orchester, dem Amsterdamer ‘Concertgebouw’, ist eine symphonische Sternstunde. Der Dirigent entlockt dem Orchester einen prunkvollen, warmen und satten Brokatklang von seltener ornamentaler Pracht, dessen Qualität insbesondere im Surround-Klang kein Ohr gleichgültig lassen wird. Man muss sich diese Einspielung zuerst einmal nur anhören, um diesen Klang zu schlürfen und sich immer wieder zu sagen: ja, so klingt eines der drei besten Orchester der Welt.
Und in diesem sensationellen Berlioz-Sound werden Wagner und Mahler zugleich vorweggenommen. Sehr langsam, mit einem leicht verwischten Klang zieht uns Gatti in seine ‘Fantastique’ hinein, um im Wechsel von Träumereien und Leidenschaften das Hin- und Hergerissene von Berlioz’ jungem Künstler darzustellen.
Der Farbverlauf im ‘Bal’ ist wunderbar gelungen, und der Walzer dreht sich mit größter Leichtigkeit, wodurch die Kontraste dunkler Gedanken beängstigend deutlich werden. ‘Aux champs’, knistert nur so von Spannung, die Idylle wird letztlich sehr schmerzlich und offenbart durch ein ausgeklügeltes Spiel mit Tempo und Dynamik eine selten so deutlich gewordene Schutzlosigkeit eines Menschen, der ganz nahe am Abgrund steht.
In der ‘Marche au supplice’ wird diese Spannung mit einem gemäßigten Tempo, mit einer Verzögerung sozusagen, noch gesteigert. Die ‘Concertgebouw’-Musiker geben dem neuen Chef alles, um das Klangbad physisch erfahrbar werden zu lassen.
Der Hexensabbat entlädt sich in einem detailreichen Tableau, in dem das ‘Concertgebouw Orkest’ den französischen Komponisten definitiv in das Land holt und ihn zum musikalischen Hieronymus Bosch macht.