Kaija Saariaho ist eine der Stimmen zeitgenössischer Musik, die man immer erkennt und die doch immer wieder auch neue Aspekte erschließt. Grundlegend für ihr Schaffen ist ihre Erfahrung beim IRCAM in Paris, das sie als junge Frau ebenso beeinflusst hat wie es sie für ihr Schaffen bis heute prägt. Ein zweiter wichtiger Teil ihres Denkkosmos ist die Erforschung der Verbindungen von Wissenschaft und Musik. Und auch die mystischen und philosophischen Themen haben einen erheblichen Einfluss auf sie. Eine tiefergehende Analyse ist hier nicht möglich, aber der Text zur CD ist da ausführlich.
Im Violinkonzert Graal Théâtre von 1994, dem ältesten der hier eingespielten Werke, geht es um den Kampf des Helden gegen das Orchester. Ganz anders das deutlich ruhige neue Konzert Vers toi qui es si loin. Es ist eine Umschreibung der Schlussarie aus ihrer Oper L’Amour de loin.
In Circle Map wird der wissenschaftliche Begriff, mit dem aufeinander wirkende und sich miteinander abstimmende komplexe Systeme bezeichnet werden, in fünf orchestralen Stücken erkundet. Das Orchester und die zugespielte Stimme eines Sprechers, der iranische Lyrik rezitiert, interagieren miteinander. Schließlich werden in Neiges, hier mit 12 Celli, Schneeformen erkundet.
Das Philharmonische Orchester aus Oslo wird hier von dem Dirigenten Clément Mao-Takacs geleitet, der mit der Musik von Saariaho durch Ur-, Erstaufführungen und auch sonst die Programmierung ihrer Werke äußerst vertraut ist. Mit Hilfe des angesehenen Orchesters, das auch für seine Aufführungen zeitgenössischer Werke bekannt ist, gelingt es sehr überzeugend, die verschiedenen Schichten der Musik freizulegen. So werden sehr ätherische Klänge ebenso hörbar wie geradezu an Musik für einen Thriller erinnernde Formeln in Circle Map.
Der Solist Peter Herresthal ist nicht erst seit seiner Einspielung der Violinwerke von Per Nørgard ein Begriff. Sein nordisch klares schlackenfreies Spiel ist eine Wohltat für diese Musik, die er mit Herz und Verstand begriffen hat.