Das Glagolitische Requiem des kroatischen Komponisten und Dirigenten Igor Kuljeric (1938–2006) wurde 1996 uraufgeführt. Das Requiem entstand, so Kuljeric, « aus dem tiefen Wunsch, etwas zum Klingen zu bringen, das ich schon in meiner Jugend gehört und von da an in mir getragen habe, als die glagolitischen Riten ein wundersames Echo in mir fanden“.
Der Titel der Komposition bezieht sich auf die Verflechtung der glagolitischen Melismen des kroatischen Mittelmeerkreises mit der Architektur und Form des lateinischen Requiems. Die altslawische glagolitische Schrift ist seit der Unabhängigkeit Kroatiens (1991) ein Symbol der kulturellen und nationalen Identität des Landes. Auch in diesem Kontext muss Kuljerics Requiem gesehen werden.
Auffallend im Introitus und im Tractus ist eine sehr gefühlvolle Musik, die in dieser Aufführung sehr bewegend wird. In der Sequenz, mit Dies Irae und Tuba mirum, zeichnet Kuljeric ein aufgewühltes Bild des Jüngsten Gerichts, während im weiteren Verlauf dieses Requiem-Teils der Gefühlsausdruck zwischen feinstem Klagen sowie Furcht vor dem Tod und seinen Ungewissheiten wechselt, ehe betendes Flehen inbrünstig die Rettung der Seelen beschwört und in das zuversichtliche und sehr vitale Sanctus mündet. Im abschließenden Agnus Dei verdichtet sich die Hoffnung auf Seelenfrieden verbunden mit der Aussicht auf ein Leben nach dem Tod im ewigen Licht Gottes. Dirigent Ivan Repusic scheint diesen positiven Schluss unterstreichen zu wollen, indem er dem Requiem von Kuljeric den kurzen, imposanten Vokalsatz ‘Hymne an die Freiheit’ von Jakov Gotovac folgen lässt.
Diese CD von BR Klassik erlaubt es uns also nicht nur, ein wirklich hervorragendes Werk wie das Glagolitische Requiem zu entdecken, sondern die Musik in einer einfühlsamen, packenden Interpretation zu hören. Repusic bringt die Musik nicht einfach nur zum Klingen, er verstärkt ihre Wirkung durch emotionale Intensität und zeigt so, wie der Komponist dem Requiem-Text eine überraschende Bedeutung abgewinnt und ihn in einem speziellen Licht erscheinen lässt.
In seiner Interpretation wird Repusic bestens unterstützt von ausnahmslos guten Solisten, dem exzellenten Chor des Bayerischen Rundfunks und dem sehr engagiert mitwirkenden Münchner Rundfunkorchester.