Violeta Vicci - Mirror Images; Bach: Partita für Violine solo BWV 1006 + 4. Satz aus der Cellosuite BWV 1011; Jean-Louis Florentz: Vocalise; Imogen Holst: Suite für Viola solo; Ragnar Söderlind: Elegia II op. 6B für Violine solo; Eugène Ysaÿe: Sonata op. 27 Nr. 2 "A Jacques Thibaud", Violeta Vicci: Improvisationen I-V; Violeta Vicci; 1 CD Aldila ARCD 010; Aufnahme 03/2020; Veröffentlichung 05/03/2021 (60:38) – Rezension von Uwe Krusch
So wie die in London lebende Musikerin Violeta Vicci mit ihrer katalanisch-schweizerischen Abstammung aus verschiedenen Quellen schöpfen kann, so hat sie einen breit gestreuten Ansatz für ihre musikalischen Aktivitäten. Neben klassischer Musik mit Improvisation sind dies etwa Ethno, Avantgarde, Ambient und viele weitere. In dem Album Mirror Images geht sie der Idee nach, Elemente der Partita von Bach widerzuspiegeln, so mit der 2. Solosonate von Eugène Ysaÿe. Doch ihre Tour geht noch weiter. Etwa mit Ragnar Söderlinds Elegie II, auf die die gesungene Vocalise von Jean-Louis Florentz mit ihren Orientalismen antwortet, beides Ersteinspielungen. Doch spielt Vicci auch hier nicht nur Geige und singt. In einer weiteren Ersteinspielung, der folkloristisch inspirierten Suite von Imogen Holst etwa erklingt die Viola, wodurch sie den Klangeffekt einer englischen Landgeige erzielt. Dazwischen hat sie Improvisationen, teilweise mehrstimmig aufgenommen, eingeflochten, die sowohl als Übergänge wie auch Kontraste gehört werden können. Mit diesem Album stellt Violeta Vicci ein Solo-Album vor, das mit seiner Mixtur in unserer Zeit sicherlich Freunde finden wird.
Ihr Spiel der Elegie II von Ragnar Söderlind ist beeindruckend in seiner Vertiefung. Bei Bach ist ihr Spiel idiomatisch treffend, sauber in der Ausführung und eloquent in der Wiedergabe. Sie findet einen leichten singenden Tonfall, der gleichwohl bis auf ausgiebig arpeggierte Akkorde im Tempo bleibt. Bei Ysaÿes viersätziger Sonate bändigt sie das spätromantische Idiom mit lyrischer Reinheit des Tons und Weite. Lediglich bei der Danse des Ombres wirkt ihr Spiel stockend buchstabierend, als ob sie verdammt ist, im Schatten den Weg zu suchen.
Ihre Improvisationen von einer bis drei Minuten Dauer sind anknüpfende und sensibel formulierte Kommentare zu den anderen Werken, die sehr persönliche Übergänge bilden, die sich einfügen. Mit ihrem immer gefühlvollen und gepflegten Stil erschafft sie keine vor Kraft strotzenden Gebilde, sondern eher pastoral anmutende Klanglandschaften.
Just as the London-based musician Violeta Vicci, with her Catalan-Swiss ancestry, can draw from a variety of sources, she has a broadly diversified approach to her musical activities. In addition to classical music with improvisation, these include ethno, avant-garde, ambient and many others. In the album Mirror Images she explores the idea of reflecting elements of Bach’s Partita, so with the Second solo sonata by Eugene Ysaÿe. But her tour goes even further. For example, with Ragnar Söderlind’s Elegie II, to which Jean-Louis Florentz’s sung Vocalise responds with its Orientalisms, both premiere recordings. In another premiere recording, the folk-inspired Suite by Imogen Holst, for instance, the viola is heard, giving her the sound effect of an English country fiddle. In between, she has interspersed improvisations, some recorded in multiple layers, which can be heard both as transitions and contrasts. With this album, Violeta Vicci presents a solo album that, with its mixture, will surely find friends in our time.
Her playing of Ragnar Söderlind’s Elegy II is impressive in its involvement. In Bach, her playing is idiomatically apt, clean in execution and eloquent in delivery. She finds a light singing tone that nonetheless stays in tempo except for extensively arpeggiated chords. In Ysaÿe’s four-movement Sonata, she tames the late Romantic idiom with lyrical purity of tone and breadth. Only in the Danse des Ombres does her playing seem haltingly spellbound, as if she is doomed to seek her way in the shadows.
Her improvisations, lasting from one to three minutes, are linking and sensitively formulated comments on the other works, forming very personal transitions that blend in. With her always soulful and cultivated style, she does not create structures bursting with power, but rather pastoral soundscapes.