Der heute in London lebende bulgarisch-britische Komponist und Dirigent Martin Georgiev hat aus seiner Geburtsstadt Varna die Verwurzelung im orthodoxen Glauben mitgebacht, und um Gott, Himmel und Erde dreht sich auch das Programm dieser CD.
Technisch gesehen beruhen seine Kompositionen auf der von ihm entwickelten Technik der ‘Morphing Modality’, die auf den fundamentalen Prinzipien der bulgarischen und byzantischen Orthodoxie beruht, und gleichzeitig, wie der Komponist sagt, den Ergebnissen seiner Recherchen in der Musikpsychologie und Psychoakustik folgt.
Das erste Werk der CD, ‘Symphonic Triptych No. 1’ ist in zwei Phasen zwischen 2006-2015 entstanden. Der erste Teil ‘Pistis, Elpis, Agape’ (griechisch für Glaube, Hoffnung und Liebe) dreht sich um Leben und Leiden der Heiligen Sofia und ihrer drei Töchter, Märtyrerinnen aus der Zeit der Christenverfolgung Kaiser Diokletians. Entsprechend heftig sind die Kontraste in diesem ersten Satz des Triptychons.
Der gedanklich vollgepfropfte Mittelsalz ‘Heavenly Reflections’ wurzelt in frühchristlichen Betrachtungen, die das Verschwinden von Licht und Vollkommenheit aus der Schöpfung widerspiegeln. Georgiev: ‘Imperceptibly gradual darkening and corruption gives way to a violent climax, pierced by the brass sounds of what can be read as Tuba Mirum, or the Jericho Trumpets, or in this case more likely as the battle cry of the Archangel Michael (Mi-kha-il), reversing the process towards purification, sanctification, but also fading further and further away, as if out of sight.’
Der letzte Satz des Zyklus, ‘Rescue’, widmete der Komponist seiner verstorbenen Tante, einer Kardiologin. Laut dem Komponisten hatte er dabei sowohl die von der Tante geretteten herzkranken Menschen im Sinn als den Tod und die Auferstehung Christi als Seelenretter, sowie die Bergung von Bootsflüchtlingen aus dem Mittelmeer, deren angstverzerrte Gesichter den Komponisten beim Komponieren beeinflusst haben.
Wir haben es also hier mit einem sehr narrativen Werk zu tun, dessen durchwegs nervöse, aufgewühlte und nur selten zur Ruhe findende Musik man gewiss aber auch abstrakter als ein Bild unserer unruhigen Zeit sehen kann.
Im Marimbakonzert ‘Genesis’ von 2011 lauten die drei Satzbezeichnungen ‘… and darkness was upon the face of the deep. And the Spirit of God moved upon the face of the waters’, ‘And God said, Let there be light’ sowie ‘And the light shineth in darkness; and the darkness comprehended it not’. Hier gibt sich der Komponist recht tonmalerisch, und die Musik ist entsprechend fantasievoll. Sie erzählt die Schöpfungsgeschichte, aber nicht in ruhiger und mächtiger Art, wie man das schon gehört hat, sondern mit einer latenten Unruhe und Flatterhaftigkeit, die ein Merkmal der Musik von Georgiev zu sein scheinen. Zurücklehnen und genießen funktioniert bei dieser Art von Musik sicher nicht, und das Transzendentale bringt bei dem Komponisten keine Entspannung…