Der 1995 geborene lettische Pianist privilegiert auf seiner Rachmaninov-CD die Atmosphäre von Ruhe und Stille. Und diese darzustellen ist er ein Berufener. Seine Anschlagskultur, seine Sensibilität und seine Nuancierungskraft bringen Licht- und Farbvariationen von unvergleichlicher Subtilität und sind entsprechend bewegend für den Zuhörer. Dabei ist das Spiel extrem klar und detailliert und wirkt auch trotz der vielen Eigenwilligkeiten und manchmal extremer Tempi nie recherchiert oder gar falsch. Die Chopin-Variationen wirken sehr natürlich im Ablauf und ungemein kohärent, denn aus der Musik spricht doppelte Liebe, die Liebe von Osokins zu Rachmaninov und die Liebe von Rachmaninov zu Chopin.
Osokins unterscheidet sich sehr von den besten Interpretationen anderer Pianisten, ob es sich dabei um Ashkenazy oder Trifonov handelt. Er ist emotionaler, dringt tiefer in die Gefühlswelt Rachmaninovs ein und entwickelt ein besonders feines Gespür für die typisch russische Melancholie der Musik, ohne sie je zu versüßen.