(Pál Körtefa) – Generell sind in letzter Zeit eher fein gefasste und auf gute Transparenz bedachte Sichten auf die Symphonien von Bruckner zu hören als solche, die majestätisch oder gar gravitätisch überhöht daherkommen. Das findet sich jetzt auch bei Schaller. Nun mag gerade diese Symphonie diesen Weg öffnen, da sie noch nicht das ausgeprägt Würdevolle zeigt wie die späteren Werke.
Er überakzentuiert nichts und bleibt auch, was Kontraste angeht, sehr zurückhaltend, was sich zugunsten der melodischen Bögen auswirkt, die erstaunlich schlank klingen. Das rhythmische Muster bestimmt den Ablauf, nicht die dramatische Geste, obwohl es dem der letzten Satz durchaus nicht an Kraft fehlt.
Mit dem Moderato überschriebenen Satz eröffnet die Symphonie. Diese Tempoangabe scheint Schaller scheint auch auf die Interpretation übertragen zu haben, denn gemäßigt erklingt die Musik vom gehauchten Einsatz über einen schwingend aufbauenden Anfang, der nuanciert entwickelt wird und erst spät mit Verve auftrumpft. Dabei versteht Schaller es, trotzdem den Aufbau in eine Form zu gießen und die Intensität zu halten.
Das Andante wird dann in einem gemessen feierlichen Duktus vorgetragen, aber hier trifft es sich auch mit der Satzbezeichnung, die ergänzend zur Tempoangabe noch ‘Feierlich, etwas bewegt’ lautet. Im dritten Satz, Scherzo, wird die Musik fast lieblich melodiös an unsere Ohren getragen. Nur vereinzelt zu hören sind Blöcke dichter lauter Textur, die dann aber auch Maß und Kontur halten, ohne zu überwältigen.
Der Schlusssatz markiert die Tonsprache Bruckners deutlicher mit markant rhythmischen Passagen und die Leichtigkeit der vorhergehenden Sätze wird ein wenig durch eine neutrale Herangehensweise ersetzt. Doch in den kammermusikalisch besetzen Momenten weht ein lyrischer Hauch durch die Interpretation, bis dann sozusagen wieder alle Register gezogen werden. So zeigt Schaller die dynamische Seite und die spannende Individualität dieser Musik aus einem aus den Sinfonien Beethovens kommenden Vorbild.
Die Philharmonie Festiva spielt, erfahren in dieser Tonwelt, qualifiziert mit ausgezeichnetem Gespür und niveauvoll. Auch die Aufnahme lässt keine Wünsche hintanstehen.
Generally speaking, more finely composed and transparent views of Bruckner’s symphonies have been heard recently rather than those that come across as majestic or even gravitationally exaggerated. This can now also be found in Schaller’s work. This symphony in particular may open up this path open this path, as it does not yet show the pronounced dignity of the later works.
He does not over-accentuate anything and remains very restrained as far as contrasts are concerned, which works in favor of the melodic arches, which sound surprisingly slender. The rhythmic pattern determines the flow, not the dramatic gesture, although the last movement is certainly not lacking in power.
The symphony opens with the movement entitled Moderato. Schaller also seems to have transferred this tempo indication to the interpretation, as the music sounds moderate from the breathy introduction to a swinging, building beginning, which is developed in a nuanced manner and only trumps with verve late on. Schaller nevertheless knows how to mold the structure and maintain the intensity.
The Andante is then performed in a measured, solemn style, but this is also in keeping with the movement description, which, in addition to the tempo indication, also reads ‘Solemn, somewhat moving’. In the third movement, Scherzo, the music is brought to our ears in an almost sweetly melodious manner. Blocks of dense, loud texture can only be heard sporadically, but these also maintain measure and contour without overwhelming.
The final movement marks Bruckner’s tonal language more clearly with striking rhythmic passages and the lightness of the previous movements is somewhat replaced by a neutral approach. But in the chamber music moments, a lyrical breeze wafts through the interpretation until all the stops are pulled out again, so to speak. In this way, Schaller shows the dynamic side and the exciting individuality of this music from a model derived from Beethoven’s symphonies.
The Philharmonie Festiva, experienced in this repertoire, performs with excellent flair and to a high standard. The recording also leaves nothing to be desired.
(Alain Steffen) – Für die meisten Musikhörer beginnen die Bruckner-Symphonien erst mit der Nummer 3. Auch in den Konzertsälen werden die ersten Symphonien kaum gespielt. Und es stimmt, sie besitzen nicht die typische Brucknersprache, weisen aber schon sehr deutlich darauf hin, wie der Komponist sich musikalisch entwickeln wird. Die 2. Symphonie, hier in der finalen Fassung von 1877, bietet demnach eine interessante Sicht auf das Frühwerk des Komponisten, zumal Gerd Schaller recht klassisch an die Symphonie herangeht.
Er versucht erst gar nicht, sie quasi rückblickend und demnach mit untergeschobenem Pathos zu interpretieren, sondern bleibt in seiner Ausführung ehr zurückhaltend, analytisch und mit dirigiert sie mit Beethovens Gestus. Somit wird die Struktur betont und die Musik kann sich unaufgeregt und sehr natürlich aus sich selbst heraus entwickeln.
Gerd Schaller, das muss man sagen, ist im Laufe seines Bruckner-Projektes als Dirigent gewachsen und beherrscht nun die Kunst, mit scheinbarer Leichtigkeit den Brucknerschen Melodien Relief und zugleich Tiefe zugeben.
Die Philharmonie Festiva, ein für besondere Projekte zusammengestelltes Ensemble mit Musikern aus vielen renommierten Orchestern, hat ebenfalls hörbare Fortschritte gemacht und sich zu einem in allen Punkten exzellenten Bruckner-Orchester entwickelt.
For most listeners, the Bruckner symphonies only begin with number 3. The first symphonies are also rarely played in concert halls. And it is true that they do not have the typical Bruckner language, but they already indicate very clearly how the composer would develop musically. The Second Symphony, here in the final version from 1877, therefore offers an interesting view of the composer’s early work, especially as Gerd Schaller approaches the symphony quite classically.
He does not even attempt to interpret it retrospectively, so to speak, and therefore with an undercurrent of pathos, but remains very restrained and analytical in his performance and conducts it with Beethoven’s gesture. This emphasizes the structure and allows the music to develop unagitatedly and very naturally on its own.
Gerd Schaller, it must be said, has grown as a conductor in the course of his Bruckner project and has now mastered the art of giving Bruckner’s melodies both relief and depth with apparent ease.
The Philharmonie Festiva, an ensemble put together for special projects with musicians from many renowned orchestras, has also made audible progress and has developed into a Bruckner orchestra that is excellent in every respect.