Wenn die Musik von Tchaikovsky so fantastisch gespielt wird, wie auf dieser Aufnahme, dann kann man nur froh sein, dass es ihm nicht wie Postnik Jakolnew ergangen ist, der die Basilius-Kathedrale auf dem Roten Platz gebaut hat. Iwan IV., der Schreckliche, fragte diesen, ob er noch eine genauso schöne bauen könnte. Als der Baumeister daraufhin stolz meinte, er könne eine noch schönere bauen, ließ Iwan IV. ihm der frei erfundenen Legende nach die Augen ausstechen, um das zu verhindern. Der Komponist hätte vielleicht sein Gehör verloren.
So fern dieser Vergleich klingen mag, so nah liegt er doch auch. Die Basilius-Kathedrale mit ihren neun Hauptkuppeln in ihrem heutigen Aussehen ist das vielleicht bekannteste Beispiel für den sogenannten Zuckerbäckerstil. Einen solchen findet man auch mitunter bei Tchaikovsky, so zum Beispiel im Andante cantabile des 1. Quartetts. Von einem ukrainischen Volkslied inspiriert, entwickelt Piotr Ilyich eine für unsere Ohren so gefühlvolle Musik, dass dieses Stück unter dem populistischen Titel ‘Klassik mag ich nicht, aber das gefällt mir’, fallen würde. Dem ‘Novus Quartet’ gelingt es wunderbar, diese Schönheit ausgiebig und auch für den Klassikpuristen wunderbar deutlich zu machen, ohne dass daraus eine kitschig-schmierige Interpretation wird.
Auch sonst wird das Quartett frisch und mit den Ohren des 21. Jahrhunderts und in Kenntnis der (Gefahren der Interpretations-) Geschichte interpretiert. Insbesondere für gestalterische Übergänge werden sehr überzeugende Lösungen gefunden, so am Ende des vierten Satzes zur Stretta. Hier hört man förmlich, wie die vier ihre Bogenstriche kürzen, um das rasante Tempo entspannt darstellen zu können. Das erklingt als wohlüberlegt und einfach überzeugend und nicht irgendwie störend als technisches Problem, im Gegenteil. Vor allem ist das Ergebnis überwältigend.
Das gleiche gilt für das Sextett ‘Souvenir de Florence’. Wohl wegen des Duos von Violine und Viola im Adagio mag dieses voll und ganz russische Werk den Titel erhalten haben. Insbesondere die beiden Schlusssätze sind wieder mit russischen Volksliedanklängen prall gefüllt. Dieses Stück wurde, nachdem Tchaikovsky seit dem Quartett berühmt geworden war, ebenfalls von Publikum wie vom Komponisten begeistert aufgenommen.
Mit der Bratscherin Lise Berthaud und der Cellistin Ophélie Gaillard knüpft das ‘Novus Quartet’ nahtlos an die tolle Interpretation des Quartetts an und schafft durch die größere Besetzung einen symphonischen Klang, ohne die Feinheit der Kammermusik zu leugnen.
Tchaikovsky’s First String Quartet and the String Sextet Souvenir de Florence can come close to kitsch. Fortunately, the Novus Quartet, joined by Lise Berthaud and Ophélie Gaillard for the sextet, deliver fascinating performances, soulful, intense, energetic and always tasteful.