Wie schon das Auryn Quartett vor gut zwei Jahrzehnten mit seiner Gesamtaufnahme der Quartette von Franz Schubert hat sich jetzt auch das Quatuor Arod drei Werke dieses Komponisten aus verschiedenen Epochen seines Lebens genommen und auf einer Aufnahme zusammen oder auch gegeneinander gestellt. Neben dem berühmten d-Moll-Werk, das hier den Reigen eröffnet, sind es der Quartettsatz, ebenfalls in Moll, und das frühe C-Dur Quartett.
Das Quartett ‘Der Tod und das Mädchen’ beginnt mit einem sehr ambitioniert wirkenden Tempo, das aber trotzdem nur hurtig drängend und nicht überhastet erklingt. Dieser Ansatz wird den gesamten Satz durchgehalten und liefert sehr schöne Passagen, aber auch einige wenige Momente, in denen die Ausformung der Gestaltung ein wenig oberflächlich erklingt. Aber insgesamt zeigt der Kopfsatz eine in sich geschlossene Struktur, die mit ihrer Dramatik und Farblichkeit überzeugt. Der zweite, der Variationssatz, zerfällt dann nicht nur aufnahmetechnisch, jede Variation hat ihren eigenen Track, in seine Bestandteile. Das Thema wird in schöner und überzeugender Weise vorgestellt. Und es folgt mit der Variation 1 ein wiederum zügig gespielter Satz, der aber vom Quatuor Arod in überwältigender Tiefe und Breite der Empfindungen mit spieltechnischer Überlegenheit entfaltet wird. Das ist sehr beeindruckend. Die Variation 3 dagegen kratzt dagegen für mich am Firnis und berührt mich überhaupt nicht. Während die ersten beiden Sätze mit ihrer Spieldauer nicht aus dem Vergleich anderer Einspielungen herausragen, sind die beiden letzten Sätze schneller. Das Scherzo des dritten Satzes wirkt in dem zügigen Tempo noch beherrschbar. Das Presto des Schlusssatzes wirkt dann aber wirklich überdreht. Natürlich entfaltet dieses rasante Spiel auch seinen nicht zu leugnenden Reiz. Aber die Detailarbeit gerät dadurch ins Hintertreffen. Und das belastet dann sowohl die Durchhörbarkeit als auch die Tiefe des Ausdrucks. Nun ist ein Presto ein schnelles Tempo, aber jeder muss sein Presto spielen, das er ausdrucksvoll darstellen kann.
Im Quartettsatz geht die Eile sogar so weit, dass sie mit weniger als achteinhalb Minuten zwei Minuten unter der Spielzeit des Kodaly Quartett und gut dreißig Sekunden unter dem Auryn bleiben. Diese Eile geht leider wieder zu Lasten der Tiefe des Ausdrucks. Wenn sie auch spielerisch keine Schwächen offenbaren, so durchdringen die Arods das Stück nicht in seiner Ausdruckstiefe. Es bleibt plakative Eleganz und beachtenswerte Beherrschung, aber es fehlt die seelische Beanspruchung.
Zum C-Dur Quartett ergänze ich nur, dass mitunter nicht nur das Tempo zugespitzt erscheint, sondern auch hier gelegentlich der Ausdruck gesucht wird, wo er natürlich kommen sollte.
Und wie soll man so eine Aufnahme bewerten? Mit Supersonic wegen der unbestreitbar fantastischen Momente und der insgesamt gelungenen Interpretation? Oder mit einer anderen Punktzahl, wie geschehen, wegen der ebenso unzweifelhaft weniger interessanten oder auch überzogenen Momente? Irgendwie werde ich beim Quatuor Arod, dessen Aufnahmen ich schon mehrfach verfolgt habe, den Eindruck nicht los, dass sie ein riesiges Potential haben, dieses aber nicht durchgehend heben können. Das ist sehr schade, aber die Vita des Quartetts ist noch kurz und wir hoffen auf Entwicklungsmöglichkeiten. Vielleicht darf man diesen Franzosen ein etwas mehr ‘Laissez-faire’ zurufen, denn manches wirkt überengagiert.