Legenden für Gitarre von Albeniz, de Falla, Manjón, Piazzolla, Rodrigo und Tárrega; Thibaut Garcia, Edgar Moreau (Violoncello bei de Falla); 1 CD Erato 0190295 954635; Aufnahme 04/2016, Veröffentlichung 10/2016 (66'30) – Rezension von Uwe Krusch

Der junge Gitarrist Thibaut Garcia will bei seiner Erstaufnahme für dieses Label die ganze Bandbreite der Gitarrenmusik vorstellen, also die spanische und auch die iberoamerikanische Seite. Dass er dabei Großes vorhat, lässt sich aus dem Titel ableiten, für den er ‘Leyendas’, also Sagen oder Legenden, gewählt hat.

Er startet mit Albeniz. Dieser war zwar eng mit der iberischen Kultur verbunden, hat aber nicht für die Gitarre komponiert. Den Beginn der CD bilden die beiden Sätze ‘Asturias’ und ‘Sevilla’ aus der der ersten Suite für Klavier. Ohne einen deskriptiven Charakter zu haben, sind es doch klingende Illustrationen der Lebensfreude verschiedener Regionen geworden. Sie bilden einen gelungenen Auftakt für dieses Porträt.

Das ‘Aire vasco’ von Antonio Jiménez Manjón, einem blinden Gitarristen aus Andalusien, entwickelt sich nach einem freien Anfang zu einem Tempo di zorzico, wie man es auch bei Saint-Saëns und Ravel findet. Es schließen sich die sieben spanischen Volkslieder von Manuel de Falla an, die hier in einer Interpretation von Gitarre und Violoncello erklingen.

Wieder solistisch nimmt sich Garcia der ‘Invocaciòn y danza’ von Joaquin Rodrigo an, bei der es sich um ein nostalgisch poetisches Werk handelt. Es bezieht sich auf das einzigartige Werk ‘Le Tombeau de Claude Debussy’ von Manuel de Falla.

Bevor er mit den ‘Recuerdos de la Alhambra’ (Erinnerungen an die Alhambra) von Francisco Tárrega schließt, erklingt der Großmeister südamerikanischer Tangomusik, Astor Piazzolla, mit seinen Vier Jahreszeiten aus Buenos Aires. Tárrega, der Sarasate der Gitarre, wird heute als Vermittler der modernen Gitarre gesehen, dem es gelang, die Trennung von Unterhaltungsmusik und ernster Musik zu überwinden. Das der Musik innewohnende Murmeln ergibt sich aus der verwendeten Technik, einem Tremolo. Dabei wird ein Ton mit verschiedenen Fingern ständig wiederholt.

Ähnlich dem Blues der schwarzen Amerikaner, drückt der Tango bei Piazzolla die Melancholie der Menschen, hier der Bewohner von Buenos Aires aus, und schafft damit eine gefühlvolle Musik. Er führt damit die Gitarre sozusagen in die Stadt ein, denn dieses Instrument war eigentlich neben dem Gesang das musikalische Ausdrucksmittel der Gauchos und damit wohl auch ein Ventil für ihr hartes und karges Leben.

Thibaut gelingt es, ein farbenfrohes, abwechslungsreiches Programm voller Emotionen darzubieten, das auch in der technischen Realisation nichts zu wünschen übrig lässt. Ob kräftige Akkordschläge, verhauchende Flageoletts oder perlende Ketten, er lässt keine Wünsche offen. Bei de Falla gesellt sich der Cellist Edgar Moreau hinzu, und man gewinnt den Eindruck, dass dieser das Heft in die Hand nimmt. Dieses in den Vordergrund spielen ist durchaus im Sinne einer klanglichen Bereicherung und keineswegs als Nachteil zu verstehen.

Auch wenn Sagen oder Legenden altbacken und lang sein können, so hört man sie gern.

This panorama of guitar music from Spain and Ibero-America is grippingly played by the young Thibaut Garcia. He presents the various pieces with stupendous technique in soulful as well as vivid performances. Highly enjoyable!

 

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