Im hauptstädtischen Theater in Luxemburg holt Regisseur Richard Brunel Verdis Rigoletto in die Gegenwart und lässt das Drama im Rahmen eines Tanzensembles im Backstage-Bereich eines Theaters spielen. Unser Mitarbeiter Alain Steffen hat sich die Vorstellung vom 19. November angesehen.
Der Herzog als Choreograph, Rigoletto als behinderter Portier (und wahrscheinlich Ex-Tänzer), Gilda als moderner Teenager und Sparafucile als Türsteher und Rausschmeißer. Hinzu kommt der omnipräsente Geist von Gildas verstorbener Mutter, einer ehemaligen Tänzerin (dargestellt von der Etoile-Tänzerin der Pariser Oper, Agnès Letestu).
Brunel hat sich intensiv mit der Geschichte um Rigoletto beschäftigt und eine Möglichkeit gesucht, ihn für unsere Gegenwart aktuell und interessant zu machen, ohne dabei die Figuren zu entstellen oder den Handlungsablauf zu stören. Dies gelingt ihm zum großen Teil recht überzeugend; die Geschichte in dem hervorragenden variablen Bühnenbild von Etienne Pluss wird modern und konsequent, vor allem aber ohne peinliche Ausrutscher erzählt. Über die erfundene Präsenz des Geistes der verstorbenen Mutter von Gilda kann man diskutieren, denn ihre Präsenz trägt nichts Wesentliches zum dramaturgischen Ablauf bei.
Zwei hochkarätige Sänger dominierten das insgesamt exzellente Ensemble: Juan Jesus Rodriguez, der ebenfalls den Rigoletto bei den Bregenzer Festspielen sang, beeindruckte durch eine schöne, kräftige und sehr lyrische Stimme, sowie einen exzellenten Vortrag ohne Rührseligkeit. Auch die junge und sehr jugendlich wirkende Marina begeisterte durch ihren schönen, höhensicheren Sopran und ihre ausdrucksvolle und intensive Darstellung der Gilda. Alexey Tatarintsev als Herzog sang zwar ordentlich, seine kleine, eher eng geführte Stimme ist allerdings die eines Krawattentenors und passte nicht in das sonst stimmprächtige Ensemble mit eher großen Stimmen, aus dem insbesondere der prächtige Bass von Önay Köse als Sparafucile herausstach. Francesca Ascioti (Maddalena), Pablo Lopez (Monterone), Grancesco Salvadori (Marullo), Bo Zhao (Borsa) und Samuel Namotte (Ceprano) waren in den kleineren Partien zu hören. Der britische Dirigent Alexander Joel versuchte im Orchestergraben ein Maximum aus dem eher bescheidenen und nicht sonderlich attraktiv spielenden Orchester der Opéra national de Lorraine herauszuholen. Er punktete vor allem mit einer hervorragenden Sängerbegleitung und einer an sonst intensiv-dramatischen und schlüssigen Interpretation, die, wie schon gesagt, an dem mittelmäßigen Orchester schnell an Grenzen stieß.