Die Aufnahme, die Orfeo mit dieser Produktion von Die Frau ohne Schatten präsentiert, entstand live am 25. Mai 2019 – dem 150. Jahrestag der Eröffnung der Wiener Staatsoper.
Das Haus hatte für diesen Abend bekannte Sänger aufgeboten, und das hat sich ausgezahlt. Die eindeutig beste Leistung kommt von Nina Stemme in der Rolle der Färberin. Sie singt die vielseitige Rolle mit wechselndem Temperament zwischen lieblich und kratzbürstig, genauso wie es sich Strauss wohl ausgedacht hat. Die gestalterische Intelligenz und das theatralisch sichere Gespür der schwedischen Sopranistin sind hier wie in anderen Rollen unvergleichlich.
Camilla Nylund singt die Kaiserin mit einer genuin schönen und farbenreichen Stimme und gibt der Figur einen starken Charakter.
In der Rolle des Kaisers beeindruckt Stephen Gould mit einer schlanken, meistens sicher geführten Heldentenorstimme.
Leichte Einschränkungen muss man für die Amme von Evelyn Herlitzius machen, deren unteres Register nicht genügend Kraft hat, während die Spitzentöne manchmal schrill klingen.
Wolfgang Kochs Barak zeigt sich als perfekter Strauss-Sänger, darstellerisch wie stimmlich.
Für das, was aus dem Graben kommt, kann man nur Lob formulieren. Christian Thielemanns Dirigat ist phänomenal, und das Orchester blüht unter seiner Leitung zum Spitzen-Strauss-Orchester auf. Thielemann, der sich bei aller energischen Akzentfreudigkeit und praller Musizierlust auch als Meister zartesten, sensuellsten Ausdrucks erweist, bringt ungemein viel Atem und sehr viel Intensität in die Oper ein. Von den feinsten bis hin zu den kraftvollsten Passagen bietet das Orchester mit einer beeindruckenden Transparenz und Farbenvielfalt ein dramatisch spannendes Spiel. Thielemann, sein Orchester und seine Sänger liefern von der Geschichte um die Tochter des Geisterfürsten, die einen Kaiser geheiratet hat, danach aber weder Mensch noch Geist ist und somit auch keine Kinder haben kann, es sei denn, sie fände einen Schatten, eine grandiose Aufführung.