Mitte der Siebzigerjahre komponierte Mieczyslaw Weinberg seine Kammeroper ‘Wir gratulieren!’. Den jiddischen Originaltext von Sholem Aleichem (1859-1916) hat Weinberg mit nur wenigen Änderungen ins Russische übertragen. Dabei legte er viel Wert auf den dem Stück innewohnenden Klassenkonflikt, was ihm half, das Werk bei der sowjetischen Zensur durchzubekommen. Die Originalfassung der Oper wurde 1883 in Moskau uraufgeführt. Der Autor des Originalbuchs. Sholem Aleichem ist vor allem wegen seiner Kurzgeschichte ‘Tevye the Dairyman’ bekannt, die das Material für das Musical Fiddler on the Roof/Anatevka lieferte.
Die vorliegende Veröffentlichung benutzt die deutsche Fassung für Kammerensemble von Henry Koch und wurde 2012 im Berliner Konzerthaus aufgezeichnet.
So wird die Handlung geschildert: Im Haus einer reichen jüdischen Dame im Odessa der vorletzten Jahrhundertwende ist Belja in der Küche damit beschäftigt, ein festliches Abendessen vorzubereiten, denn die Verlobung der Tochter des Hauses steht bevor. Die verwitwete Köchin beklagt ihre mühsame Arbeit und ihr einsames Leben ohne Mann. Der Buchverleiher Reb Alter erscheint mit neuen Büchern, und Belja gibt ihm zu essen und zu trinken. Während dieser tüchtig zulangt, vertraut ihm die Köchin den neuesten Klatsch über ihre Herrschaft an. Der Buchhändler wird mit jedem Glas, das er leert, redseliger und forscher: Erst preist er seine sozialistischen Bücher an, kurz darauf schlägt er Belja vor, angesichts ihres Ersparten mit ihm eine Kapitalgemeinschaft zu gründen. Chaim, der Diener des Nachbarn, kommt dazu und fängt an, über seine Herrschaft zu lästern. Schließlich erscheint auch Fradl, ein lustiges Liedchen auf den Lippen, in der Küche. Chaim, der sich zunächst vor ihr versteckt hatte, kommt hervor und beginnt heftig mit dem Dienstmädchen zu flirten. Ein ausgelassenes Feiern und Trinken beginnt, und als die Stimmung ihren Höhepunkt erreicht, beschließen Belja und der Buchverleiher, ihren Dienst zu quittieren und sich zu verloben. Hochgestimmt liest der Buchverleiher besonders schöne Stellen aus seinen mitgebrachten Büchern vor. Angeregt vom Liebesglück der Frischverlobten schlägt Chaim einen Polterabend vor und wendet sich dann spontan mit einem Heiratsantrag an Fradl, den diese nach anfänglichem Sträuben schließlich annimmt. Überraschend taucht die Hausherrin auf und unterbricht das freudige Singen und Scherzen, nicht ohne eine gehörige Lektion einzustecken: « Geld regiert nicht mehr die Welt! »
Die originelle Kammeroper ist in der vorliegenden Aufnahme in einer überaus präsenten und wegen ihrer packenden Dynamik unmittelbar ansprechenden Fassung zu hören. Die Sänger singen mit größter Klarheit und viel darstellerischen Engagement, während die Kammerakademie Postdam Rhythmen und Farben mit intensiver Prägnanz spielt. Da kann man allen Beteiligten nur …gratulieren.