Das wird wohl eine der letzten Aufnahmen des Artemis Quartetts in der oben benannten Besetzung sein, nachdem das Quartett vor kurzem eine erneute Umbesetzung bekannt gegeben hat. Bisher hat das Quartett alle personellen Veränderungen verdaut. Es scheint, als ob es eine Codierung hat, die immer beim Ensemble bleibt. Doch das ist eine die Zukunft betreffende Frage.
Die zu prüfenden Aufnahmen stammen aus dem letzten Jahr. Neben zwei Quartetten, den Nummern 5 und 7 haben die Artemis-Musiker zusammen mit ihrer engen Vertrauten Elisabeth Leonskaja das Quintett realisiert.
Das Artemis Quartett findet zum Einstieg im Quartett B-Dur einen packenden Zugang. Sie balancieren kunstvoll den Spagat aus, voller Emotionen und tiefster Empathie für das Werk zu spielen, aber nicht in verzerrte Übertreibungen zu investieren. Das Tänzerische ist bei Shostakovich immer da und doch nie unbekümmert, und das hört man hier. Ganz wunderbar expressiv sind Zwiegespräche von Vineta Sareika und Anthea Kreston, aber auch von letzterer mit dem Cellisten Eckart Runge, dem bisher einzig verbliebenen Gründungsmitglied in der bewegten Historie des Quartetts. Eindrucksvoll gelingt auch der leise zweite Satz. Man kann sich als Zuhörer diesem Sog nicht entziehen.
Am Ende der CD steht das kurze und trauerumflorte fis-Moll-Quartett, das ebenso tiefgründig und technisch herausstechend dargeboten wird.
Im Mittelpunkt wurde Shostakovichs Klavierquintett platziert. Das hat nicht nur mit der Qualität des Werkes und der anderen Besetzung an und für sich zu tun, sondern dieses Werk ist der Ausgangspunkt der Aufnahme.
Die Artemisianer wollten gerne mit Elisabeth Leonskaja spielen und eben auch dieses Werk. Und die Quartette wurden dann nur Beigaben, wenn man das bei der Interpretation sagen kann. Das Werk wurde von der stalinistischen Kulturpolitik sogar mit dem Stalin-Preis honoriert. Die kontrapunktische Architektur und die stringente Linienführung markieren es als großes und zurecht prämiertes Stück. Die Interpretation des Artemis Quartetts mit Elisabeth Leonskaja entspricht der Höhe des Werkes. Das Scherzo, das mit repetierten Terzen in Doppelgriffen, Quarten und Quinten in den Mittelstimmen und Cello komponiert ist, wird trotz dieser zum Schrammeln reizenden Kompositionsweise gekonnt leicht und transparent dargeboten. Das bedeutet aber nicht, dass die unterschwellige Dramatik ausgespart ist. Das Intermezzo Lento erklingt lyrisch-melancholisch. Das Finale Allegretto vereint Unisono-Passagen, die lupenrein intoniert gläsern klingen, Reminiszenzen an ausgelassene Tanzrhythmen, Glissandi und vom Klavier gesetzte Tontupfer, bevor es in Stille aushaucht.
Wenn man so eine Aufnahme bekommt, ist es schade, dass sich die Besetzung ändert. Aber jedem Ende wohnt ja bekanntlich ein Neuanfang inne. Hören wir mal weiter zu.