Franz Schubert: Symphonie Nr. 8 (Unvollendete) + Rondo A-Dur D. 951; Piotr Tchaikovsky: Klavierkonzert Nr. 1; Martha Argerich, Klavier, West-Eastern Divan Orchestra, Daniel Barenboim ; 1 DVD Unitel 802008; Aufnahme 2019; Veröffentlichung 16/11/2020 (75') – Rezension von Uwe Krusch
Große Interpreten- und Komponistenamen, Klassikhörer, was willst du mehr? Im Beiheft wird das als « Ausnahmestimmung im Festspielhaus“ annonciert. Wenn zwei in derselben Stadt geborene Künstler höchster Wertschätzung, die schon eine sehr langjährige musikalische Freundschaft verbindet, zusammen musizieren, dann darf man als Publikum im Saal Besonderes erwarten. Aber gilt das auch für den Konsumenten der DVD-Aufzeichnung?
Da wird man wohl eher neutraler zuhören und so die eine oder andere Sache entdecken, die negativ zu Buche schlägt. Zunächst tritt Barenboim als Dirigent des West-Eastern Divan Orchestra mit der Unvollendeten von Schubert auf. Wie der Text im Heft beschreibt, ist das Orchester glänzend disponiert. Es löst die technischen Aufgaben makellos. Aber das ist nur die Grundlage der Interpretation. Und da folgt dann nicht mehr viel. Die Musik wird gut proportioniert abgespult, wirkt manchmal motorisch oder geradezu marschierend in den Akkordwiederholungen des zweiten Satzes. Aber nicht inspiriert oder gar außergewöhnlich.
Das sich anschließende berühmte Erste Klavierkonzert von Tchaikovsky, bei dem Martha Argerich als Solistin zu den Beteiligten hinzukommt, erfährt durch sie eine wertvolle Aufwertung. Mit nach wie vor unbändiger Energie serviert sie den Hauptgang. Zusammen wählen sie eine entschlackte geradeaus gestaltete Interpretation. Im Detail mangelt es an Abstimmung, aber es bringt Leben und Feuer. Ungewöhnliche Gestaltungen in einigen Momenten lassen erkennen, dass sie das Werk bestens kennt und sich abseits der Routine Gedanken gemacht hat. Das ist hörenswert.
Zusammen setzen sich dann Argerich und Barenboim an den Flügel, um vierhändig das Rondo A-Dur D. 951 von Schubert zu interpretieren. Dieses einfach wirkende Werk wird von den beiden in intimem Zwiegespräch angegangen und sie scheinen sich nicht um ihre Umgebung zu kümmern. Vertieft gestalten sie die Musik in ruhiger enthaltsamer Einfachheit.
Great names of performers and composers, classical listeners, what more do you want? In the booklet this is advertised as « Exceptional atmosphere in the Festspielhaus ». When two artists born in the same city, who are held in the highest esteem and who have enjoyed a long-standing musical friendship, make music together, then the audience in the hall can expect something special. But does this also apply to the consumer of the DVD recording?
They are more likely to listen more neutrally and thus discover one or two things that have a negative impact. Barenboim first appears as conductor of the West-Eastern Divan Orchestra with the Schubert’s Unfinished. As the text in the booklet describes, the orchestra is brilliantly disposed. It solves the technical tasks flawlessly. But that is only the basis of the interpretation. And then there is not much more to follow. The music is unwound in good proportion, sometimes seems motorised or almost marching in the chord repetitions of the second movement. But not inspired or even extraordinary.
The following famous First Piano Concerto by Tchaikovsky, in which Martha Argerich joins the participants as soloist, is given a valuable boost by her. She serves the main course with still unrestrained energy. Together they choose a purified straightforward interpretation. There is a lack of coordination in detail, but it brings life and fire. Unusual phrasings in some moments show that she knows the work very well and avoids any routine. This is worth hearing.
Together, Argerich and Barenboim then sit down at the piano to interpret Schubert’s Rondo in A major D. 951 with four hands. This simple-looking work is approached by the two in intimate dialogue and they seem to be unconcerned with their surroundings. Deepened, they shape the music in quiet abstracted simplicity.