Der russische Spätromantiker Nikolai Medtner (1880-1951) ist längst kein vergessener Komponist mehr, aber sehr populär ist er auch nicht gerade. Obwohl Medtners Klaviermusik eher mit jener Sergei Rachmaninovs verwandt ist, hat man hat ihn den ‘russischen Brahms’ genannt, wohl wegen des nachdenklichen Charakters vieler Stücke, die selbst in virtuosen Passagen von dunkler Brillanz sind.
Laut Marc-André Hamelin, einem der besten Interpreten der Musik Nikolai Medtners, hat dieser « phänomenal fürs Klavier geschrieben, das ist unglaublich. Nichts ist da mal verlegen oder beiläufig gesetzt, die Bewegung auf den Tasten ist von perfekter Harmonie. Es ist so vollkommen, dass dagegen sogar Chopin und Liszt weniger idiomatisch erscheinen! » Aber er meint auch, dass es eine « sehr vornehme, aristokratische Musik » ist, die « nicht so einen unmittelbaren Zug hat wie Rachmaninov. Rachmaninov geht direkt auf den Hörer zu. Der Hörer aber muss auf Medtner zugehen. »
Medtner hat insgesamt 11 Skazkis komponiert, wovon zwei auf dieser Schallplatte zu hören sind. Medtner verwendete den Titel Skazka (Märchen) für kürzere Klavierstücke, die man als Phantasieerzählung bezeichnen kann, weil das Wort Märchen ihnen allein nicht gerecht wird. Bis auf das erste Stück aus dem Opus 42, Russisches Märchen, haben alle hier gespielten Stücke nur Tempo- und Dynamikbezeichnungen, wobei ein Zitat aus der Sturmszene in Shakespeares König Lear auf der Partitur von op. 35/4 steht und das ‘tempestoso’ der Bezeichnung erklärt. Die Stücke sind allerdings, das wurde immer wieder gesagt, sehr unterschiedlich in ihrer Qualität, und es bedarf schon eines ferventen Medtner-Anhängers, um sie bestmöglich zur Wirkung zu bringen. Der 70-jährige Gunnar Sama gilt als Medtner-Spezialist und hat die Phantasie, um diese Musik ganz hervorragend zu interpretieren.
Auch das restliche Programm der Sama-Produktion besteht aus Miniaturen, die im Übrigen nicht besonders stark in den Katalogen vertreten sind. Auch diese oft abstrakten Stücke bedürfen eines Pianisten, der genügend Inspiration hat, um etwas aus der Musik herauszuholen. Selbst ein Stück wie Am Amboss aus den Drei Hymnen an die Arbeit ist alles andere als deskriptive Musik.
Die Tonaufnahme ist vorzüglich, räumlich und doch sehr direkt. Der Bechstein Flügel D282 klingt sehr gut, klar und ausgeglichen.