Bachs h-Moll-Messe ist die Sphinx der Musikgeschichte – ein Monument, das immer wieder Rätsel aufgibt. Allein die Entstehungs-, Publikations- und Aufführungsgeschichte ist ein wahres Labyrinth, in dem musikwissenschaftliche Fakten und Vermutungen sich munter kreuzen. Ein erstes, nicht zu knappes Lob, gilt daher zunächst den Verfassern des Begleitheftes, die einen nachvollziehbaren Weg durch die Mäander der Geschichte von Bachs großem Spätwerk weisen.
Nicht minder exemplarisch ist aber auch die Ausführung unter der Leitung von Hans-Christoph Rademann. Obwohl es sich quasi um eine ‘Messe solemnis’ handelt, verzichtet Rademann auf jedweden barocken Pomp: kein kräftiger Chorklang, kein ausschmückendes Orchesterspiel. Der Dirigent verpasst der nach lateinischem Ritus verfassten Messe reformatorische Schlichtheit. Er setzt auf einen dezenten, schlanken Klang, auf die innere Spannung der Musik, die in keinem Moment nachlässt. Chor, Solisten und Orchester musizieren in beispielhafter Klarheit, mit Noblesse und viel Einfühlungsvermögen. Die Feierlichkeit dieser h-Moll-Messe erhält ihren strahlenden Glanz allein durch die wahrhafte Verinnerlichung des musikalischen Vortrages.
Hans-Christoph Rademann conducts Bach’s B-minor Mass without any baroque pomp, the sound being sober, slim and clear. The work’s solemnity only comes from the true internalization of Rademann’s charismatic conducting.