Der Titel ‘Mit seinen Sinnen denken‘ deutet auf eine intimere und noch näher an der Person orientierte Begleitung durch das Leben hin, als der Film sie dann gibt. Wird eine Biografie oder so ein Film zu nah und zu unkritisch am beschriebenen Subjekt geführt, so kann das als Lobhudelei missfallen. So aber scheint mir der Abstand doch groß, so dass wir eher eine Reportage als eine Biografie sehen. Mangels auch nur einer Anekdote oder persönlicher Aspekte denken die Sinne, sie empfinden nicht.
Natürlich werden alle wesentlichen Stationen erwähnt oder an Beispielen belegt, also Bonn, Frankfurt/M., Kiel und Hamburg und die langen und erfüllten Jahre beim damals als Rundfunk Sinfonieorchester in Saarbrücken firmierenden Ensemble, das ihm ein verlässliches und neugieriges Kollektiv für seine Erforschung der modernen Musik gab. Ebenso werden enge Freundschaften mit Olivier Messiaen und Bernd Alois Zimmermann genannt und die mit Helmut Lachenmann in Interviews vertieft. Neben Zender kommen seine Frau und ein Schüler wiederholt zu Wort.
Und seine bei einer Japanreise mit den Münchner Philharmonikern geweckten Interessen für japanische Kalligrafien und die kompositorischen Überlegungen zur Überwindung der wohltemperierten Stimmung finden ebenso Erwähnung wie seine ‘kompositorischen Interpretationen‘ am Beispiel der von ihm instrumentierten Winterreise von Franz Schubert. Es fehlen auch nicht sein langjähriger Bezug zum Ensemble Modern mit der Konzertreihe Happy New Ears und sein Einsatz mehr für Werke komponierender Kollegen als eigene.
So wird man attestieren dürfen, dass alle wesentlichen Punkte einfließen, das Privatleben nur begrenzt. Aber es bleibt auch eine gewisse Distanz, die sich vielleicht mit seinem eigenen Auftreten, soweit man es erleben darf, deckt. Es mag Praktiker erstaunen, wie viel Zender vor dem Orchester geredet hat, ist das doch üblicherweise verpönt, da es die Musiker nervt. Aber vielleicht kann man sagen, dass erst damals auch für die Musiker einen Bedarf gab, neue Werke zu verstehen. Es wird auch erwähnt, dass vor Jahren spieltechnische Probleme zu bewältigen waren, die heute gar nicht mehr nachvollziehbar sind, weil die Musiker inzwischen diese Schreib- und Kompositionsweisen gewohnt sind.
Um über die im Film eingewobenen Schnipsel hinaus einen Eindruck vom Dirigenten zu geben, bietet diese Dokumentation die Aufzeichnung des Werkes ‘La Mer‘ von Claude Debussy in einer von Zender selber hochgeschätzten Interpretation mit seinem Orchester in Saarbrücken aus dem Jahr 1974. Dabei handelt es sich wahrlich um eine lohnende Befassung. Gleichzeitig stellt sie einen Blick in die frühere Geschichte dar, etwa wenn man Brillen- und Bartmoden betrachtet oder auch die Realisation, die mit sehr vielen Überblendungen Musiker und dirigierende Hände gleichzeitig zeigt.
The title ‘Thinking With Your Senses’ suggests a more intimate and even more closely oriented accompaniment through life than the film then gives. If a biography or such a film is conducted too closely and too uncritically to the subject described, this can be displeasing as adulation. In this way, however, the distance seems great to me, so that we see more a reportage than a biography. In the absence of even an anecdote or personal aspects, the senses think, they do not feel.
Of course, all the main stations are mentioned or are evidenced by examples, i.e. Bonn, Frankfurt/M., Kiel and Hamburg and the long and fulfilling years with the ensemble then known as the Rundfunk Sinfonieorchester in Saarbrücken, which gave him a reliable and curious collective for his exploration of modern music. Also mentioned are close friendships with Olivier Messiaen and Bernd Alois Zimmermann, and those with Helmut Lachenmann are explored in depth in interviews. In addition to Zender, his wife and a student repeatedly have their say.
His interest in Japanese calligraphy, awakened during a trip to Japan with the Munich Philharmonic, and his compositional reflections on overcoming well-tempered tuning are mentioned, as are his ‘compositional interpretations’ using the example of Franz Schubert’s Winterreise, which he orchestrated. His long-standing relationship with the Ensemble Modern with the concert series Happy New Ears and his commitment more to works by composing colleagues than his own are also not missing.
Thus, one may attest that all essential points flow in, the private life only to a limited extent. But there also remains a certain distance, which perhaps coincides with his own appearance, as far as one may experience it. Practitioners may be surprised at how much Zender talked in front of the orchestra, since that is usually frowned upon because it annoys the musicians. But perhaps it can be said that only then was there a need for the musicians to understand new works as well. It is also mentioned that years ago there were playing technical problems to overcome, which are not even comprehensible today, because the musicians are now used to these ways of writing and composing.
To give an impression of the conductor beyond the snippets woven into the film, this documentary offers the recording of Debussy’s ‘La Mer’ in an interpretation highly appreciated by Zender himself with his orchestra in Saarbrücken in 1974. This is truly a worthwhile study. At the same time, it represents a glimpse into earlier history, for example, when one considers eyeglass and beard fashions, or even the realization, which shows musicians and conducting hands at the same time with very many dissolves.