Karl Amadeus Hartmann (1905-1963) hatte kein leichtes Leben. Da er mit den Nazis nichts zu tun haben wollte, ließ er seine Werke zuerst nur noch im Ausland aufführen und zog sich in die ‘innere Emigration’ zurück. Aus dieser Zeit, genauer aus dem Jahre 1939, stammt sein ‘Concerto funèbre’. Der deutsche Violinist Linus Roth und das Württembergische Kammerorchester spielen es mit großer Intensität und kontinuierlich viel Spannung. Roth lässt uns die Tragik der Musik hautnah miterleben, so, dass diese Begräbnismusik wie ein Schock wirkt, weil sich Klage und Anklage vermischen, gebündelt mit unendlich schmerzlicher Verzweiflung, die sich im Allegro di molto zum furiosen Wutausbruch steigert. Im abschließenden Choral, für den das russische Revolutionslied ‘Unsterbliche Opfer’ die Grundlage liefert, mischt sich Ernst mit etwas Hoffnung, ein Gefühl, das sich in dem bezaubernd melodiösen und lichtvollen Concertino op. 42, von Mieczyslaw Weinberg (1919-1996) fortsetzt. Linus Roth spielt das Werk ungemein schlank und leicht, genauso begleitet vom Württembergischen Kammerorchester, dessen flexibles und bewegungsreiches Spiel Roths Geige umgarnt.
Mieczyslaw Weinberg ist ein Komponist, zu dessen Verbreitung Linus Roth nicht nur durch Tonaufnahmen beitragen will. Er hat auch eine Internationale Weinberg-Gesellschaft gegründet, die sich der musikwissenschaftlichen Erforschung der Musik des Komponisten widmet.
Daher spielt Roth dann auch noch zusammen mit José Gallardo die Rhapsodie über moldawische Themen. Und wenn Roth hier unterschwellig Melancholie anklingen lässt, so verweist das darauf, das diese moldawischen Themen de facto jiddische Themen sind, zu denen der Jude Weinberg zweifellos eine große Zuneigung hatte.
Die CD endet mit einer weiteren Erstaufnahme, dem ersten Satz der unvollendeten Sonate für Violine und Klavier von Dmitri Shostakovich, deren Themen der Komponist später in der 10. Symphonie wiederverwerten sollte. Die Violinsonate begann Shostakovich am 26. Juni 1945. Sie besteht aber lediglich aus der Reinschrift der ersten 225 Takte des ersten Satzes. Das Manuskript endet abrupt. Es sollte 1969 dauern, bis sich der Komponist seiner ersten vollendeten Sonate zuwandte. Er komponierte sie für David Oistrachs Geburtstag. Die letzten Takte beendete er allerdings erst drei Wochen nach der Geburtstagsfeier. Immerhin hatte er für Oistrachs Geburtstag bereits ein Violinkonzert geschrieben, und zwar aufgrund einer Verwechslung ein Jahr zu früh, als der Geiger erst 59 wurde.
Die fünfeinhalb Minuten des Sonaten-Embryos von 1945 zeigen uns einen starken und dezidierten Shostakovich, der dem ersten lyrischen und leicht ironischen Thema ein heroisches und etwas stampfendes zweites Thema folgen lässt, das Linus Roth und José Gallardo effizient steigern und beim Abbruch in der Luft hängen lassen wie das steckengebliebene Wägelchen einer Achterbahn auf der höchsten Schienenstrecke.
Linus Roth, José Gallardo and the Württembergisches Kammerorchester Heilbronn perform this intelligently conceived program with passionate energy, always getting to the core of the music.