Haydns Streichquartette und das ‘Amadeus Quartett’, zwei Themen, die nicht so super zusammenpassen wollen. Die vier Musiker waren sich bewusst, dass Haydn zu spielen ein Seiltanz ist. Die Musik wirkt so einfach, und der oberflächliche Hörer meint, alle Quartette seien gleich. Der Experte weiß, dass jedes Quartett von Haydn einen eigenen Charakter hat.
Trotzdem hat das ‘Amadeus Quartett’ sich nur partiell mit Haydns Quartetten beschäftigt. Insbesondere die späten und reifen Werke wurden gespielt. Von den frühen Kompositionen wurden nur einzelne aufgeführt.
Für die vorliegenden Radioaufnahmen hat das Quartett etliche Stücke zum ersten Mal eingeübt und eingespielt. Insofern ist diese Kollektion ein interessantes historisches Dokument von besonderem Wert.
Die Interpretation ist dagegen aus heutiger Sicht nicht mehr so ganz aktuell. Natürlich legen die vier eine ausgefeilte Deutung vor, doch mit dem heutigen Wissen und den Entwicklungen durch die historisch informierte Aufführungspraxis sind wir an ein anderes Klangideal gewöhnt.
Am Beispiel des letzten Werkes, der ‘Sieben letzten Worte des Erlösers am Kreuze’, ist zu konstatieren, dass das Stück ohne den denkbaren Tiefgang und die Feinheit im Detail etwas zu öffentlichkeitswirksam gespielt wird. Wer das Glück hatte, das Abschiedskonzert des ‘Lindsay Quartet’ in Echternach vor 13 Jahren zu hören, der weiß, dass auch bei einem älteren Quartett eine wunderbar intime, private Deutung quasi mit Ausschluss des Publikums möglich war.