Mit dem schönst möglichen Enoncé, spannungsvoll und mysteriös beginnt Andres Orozco-Estrada Haydns ‘Schöpfung’ in dieser Surround-Aufnahme aus Houston.
Der Dirigent hat sein Orchester bewusst klein gehalten, um den Klang transparent und leicht zu gestalten. Genauso bewusst geht er auf Distanz zur historisierenden Aufführungspraxis. Seinem kleinen, auf modernen Instrumenten musizierenden Ensemble erlaubt er bei aller Transparenz auch Klangfülle und warme Farben. Seine Tempi sind kaum langsamer als die von Kollegen wie Gardiner, Herreweghe, Hogwood oder Jacobs, aber er liegt doch um die 10 Minuten unter den Spieldauer eines Karajan, Marriner, Levine oder Rilling. Sein Dirigat besorgt Schwung und Fluss. Dennoch ist er von der ganzen Gewichtung her den Traditionellen näher als den Historischen.
Obschon mich gleich sein ‘Gatt’ gestört hat und seine deutsche Sprache das ganze Werk hindurch ziemlich künstlich bleibt, erweist sich Tenor Toby Spence doch, rein vokal gesehen, als guter Interpret.
Nicht weniger zufriedenstellend ist Nicole Heaston mit ihrer warmen, leuchtenden Sopranstimme. Ihre Stimmführung ist sehr gepflegt und erlaubt es ihr, den Gesang farblich zu nuancieren und zu verzieren.
In der Aussprache untadelig ist Spences britischer Landmann Peter Rose Peter Rose.
Der ‘Houston Symphony Chorus’ ist ein zuverlässiger Klangkörper, der von Betsy Cook Weber gut vorbereitet worden ist und mit intonationssicherem Gesang vokal wie ausdrucksmäßig überzeugt.
Der Surround-Effekt ist eher diskret. Der Klang, wenn er auch schön räumlich und warm ist, enthält ein Basis-Geräusch, das sich wie Regen oder dumpfer Straßenverkehr anhört.
Empfehlen oder nicht, das ist nun die Frage. Unter den ca. 100 Aufnahmen, die heute im Angebot sind, gibt es ganz gewiss bessere als diese hier, sowohl unter denen mit historischer Aufführungspraxis als auch unter den traditionellen. Zugegeben, von den hundert warten die allermeisten nur mit bescheidenen Leistungen auf und bleiben oft allzu sachlich. In den letzten Jahren hat mich eigentlich nur eine Aufnahme wirklich mitgerissen, und zwar jene mit Harry Christophers (auf den englischen Schöpfungstext). Orozco-Estrada bleibt im Spitzenfeld, aber wirkliche Begeisterung löst seine Aufnahme nicht aus.
Orozco-Estrada’s new production of Haydn’s Schöpfung is a very fine performance, with mostly good singing, and a finely articulated, lively instrumental playing, so that it certainly belongs to the upper class recordings, yet without reaching the ultimate outstanding level.