Guy Engels – Gesänge der Frühe, ein Spätwerk von Robert Schumann, steht in komplettem Kontrast zu den beiden anderen Zyklen, die Martin Helmchen auf seinem neuen Album eingespielt hat. In der musikalischen Ausdeutung jedoch bleibt der Pianist total kohärent im Bezug auf die Noveletten von Robert Schumann und Clara Schumanns Soirées musicales. Martin Helmchen ist kein Mann der großen Töne, der spektakulären Gesten und virtuosen Kapriolen.
Natürlich haben auch seine Interpretationen den geforderten hochromantischen Elan, die aufbrausende Leidenschaft – aber immer in absoluter Balance zu den poetischen Episoden, ja sogar zur Stille.
Helmchen spielt auf einem Pianoforte, das den Zuhörer unmittelbarer anspricht und derart vom Interpreten eine noch differenziertere Lesart fordert. Für Helmchen ist dies eine Selbstverständlichkeit.
Robert Schumanns Noveletten erklingen stellenweise burschikos, verspielt, mit einem Schuss Humor. Der buffoneske Charakter kommt vor allem in den tiefen Registern schön zur Geltung. Aber auch hier bleibt Helmchen sich treu: keine Schenkelklopfer, auch Heiterkeit kann man sensibel interpretieren.
Das Pendant der Noveletten sind Clara Schumanns Soirées musicales – eine Art Impromptu, in denen Martin Helmchen der verträumten Verliebtheit und dem extrovertierten Glück der Clara Wieck nachhorcht.
Alain Steffen – Martin Helmchen hat sich längst als bedeutender Pianist. Der junge Pianist ist einer der stillen Musiker, die kein Aufhebens um sich machen und sich doch als große Interpreten behaupten. Robert Schumanns Acht Noveletten op. 21 und seine Gesänge der Frühe kann man nicht zu den großen Klavierwerken rechnen, dennoch besitzen sie eine wundervollen Charme. Die Noveletten sprühen nur so von Leben und einer Heiterkeit, die man eher selten bei Schumann findet. Seine späten Gesänge der Frühe op. 133 dagegen leben vom poetischen lyrischen Ausdruck und beinhalten auch eine gewisse Melancholie, die vielleicht schon den Suizidversuch und auf die kommenden tragischen Jahre vorausahnen.
Dazwischen spielt Helmchen drei Stücke (Nr. 2 Notturno, Nr. 25 Mazurka und Nr. 1 Toccatina) aus den Soirées Musicales op. 6 von Clara Schumann. Helmchen spielt mit den Stimmungen der drei Werke und zeigt Clara Schumann als großartige Komponistin. Die Musik bleibt immer im Vordergrund, mit all ihren Emotionen, ohne dabei jemals verweichlicht oder verkitscht zu werden. Helmchen lässt die Musik aus sich heraus entstehen, hält Abstand, beobachtet und formt. Wunderbar ist die Einigkeit zwischen Interpret und Musik, die hier eine Natürlichkeit besitzt, die man nur von den großen Interpreten her kennt. Helmchens Technik ist brillant, oft zart und feinfühlig, mit einem herrlichen Gefühl für Leichtigkeit und Stille. Für diese Aufnahme wurde eine Fortepiano C. Bechstein 1860 benutzt, was der Musik einen authentischen, markanten Charakter verleiht.
Guy Engels – Gesänge der Frühe, a late work by Robert Schumann, is in complete contrast to the other two cycles Martin Helmchen has recorded on his new album.
In musical interpretation, however, the pianist remains totally coherent in relation to Robert Schumann’s Novelettes and Clara Schumann’s Soirées musicales. Martin Helmchen is not a man of big notes, spectacular gestures and virtuoso capers.
Of course, his interpretations also have the required high romantic élan, the effervescent passion – but always in absolute balance with the poetic episodes, even with the silence.
Helmchen plays on a Bechstein pianoforte that speaks directly to the listener and thus demands an even more differentiated reading from the performer. For Helmchen, this is a matter of course.
Robert Schumann’s Novelettes sound in places tomboyish, playful, with a dash of humor. The buffonesque character comes out beautifully, especially in the lower registers. But also here Helmchen remains true to himself: no thigh-slapping, even merriment can be interpreted sensitively.
The counterpart of the Novelettes are Clara Schumann’s Soirées musicales – a kind of impromptu, in which Martin Helmchen listens to the dreamy infatuation and extroverted happiness of Clara Wieck.
Alain Steffen – Martin Helmchen has long since established himself as an important pianist. The young pianist is one of those quiet musicians who don’t make a fuss about themselves and yet hold their own as great performers. Robert Schumann’s Acht Noveletten op. 21 and his Gesänge der Frühe cannot be counted among the great piano works, yet they possess a wonderful charm. The Novelettes sparkle with life and a cheerfulness that one rarely finds in Schumann. His late Gesänge der Frühe op. 133, on the other hand, live on poetic lyrical expression and also contain a certain melancholy that perhaps already foreshadows the suicide attempt and the tragic years to come.
In between, Helmchen plays three pieces (No. 2 Notturno, No. 25 Mazurka and No. 1 Toccatina) from the Soirées Musicales op. 6 by Clara Schumann. Helmchen plays with the moods of the three works and shows Clara Schumann as a great composer. The music always remains in the foreground, with all its emotions, without ever becoming effete or kitschy. Helmchen lets the music emerge from itself, keeping a distance, observing and shaping. Wonderful is the unity between performer and music, which here has a naturalness that one only knows from the great performers. Helmchen’s technique is brilliant, often delicate and sensitive, with a wonderful sense of lightness and stillness. A Bechstein 1860 fortepiano was used for this recording, giving the music an authentic, distinctive character.