Das Herbstgold-Festival auf Schloss Esterhazy in Eisenstadt, im Burgenland in Österreich, fand bereits in der 18. Ausgabe, dieses Jahr unter dem Motto ‘Verführung’, statt. Vom Konzert mit Kammermusik schildert Uwe Krusch für Pizzicato seine Eindrücke.
Julian Rachlin, Geiger, Dirigent und auch Intendant dieses Festivals, stellt jedes Jahr im September für knapp zwei Wochen eine Veranstaltungsreihe zusammen. Das meist auf große Publikumszustimmung ausgerichtete Programm wurde dieses Mal um ein Kammerkonzert mit besonderer Besetzung bereichert. Dazu hatte Rachlin musikalische Weggefährten eingeladen, die seinen Weg schon mehr oder weniger lange begleiten.
Einleitend hatte Rachlin mit einigen Bemerkungen versucht, das Publikum insbesondere für das erste Werk des Abends einzustimmen.
Das Sextett von Krzystof Penderecki in der Besetzung für Klarinette, Horn, Klavier, Violine, Viola und Cello, zu Beginn dieses Jahrhunderts komponiert, hat einen Vorgänger, nämlich von Ernö von Dohnanyi. Doch außer der gleichen Besetzung fehlen Gemeinsamkeiten. In diesem Stück blickt der Pole musikalisch von der Jahrhundertwende auf den Zeitraum und die verwendeten Stile zurück, wobei er vor allem an Strawinsky, Bartók und Schostakowitsch denkt. Doch mischt sich die Modernität mit einer persönlichen Freiheit in der Gestaltung, die auch fast tonale Kontexte erlaubt. Man mag sagen, Penderecki habe dieses Sextett in denkbar weiten Dimensionen entworfen. So konnte sich das Publikum an den zwei Sätzen, ein schneller gefolgt von einem langsamen, des Werkes mit mehr als einer halben Stunde Dauer gefordert fühlen, aber nicht überbeansprucht, so dass genug Raum zum genussvollen Erleben blieb.
Der nicht ganz gefüllte Saal konnte danach mehr das eher einer anheimelnden Serenade ähnelnde Septett von Beethoven genießen, das einen verbindlicheren Ton hat und, noch ein Frühwerk des Komponisten, doch auch schon seine persönliche Handschrift trägt. In diesem Septett mit Klarinette, Fagott, Horn, Violine, Viola, Cello und Kontrabass überwog der melodische Reichtum. Dabei kam der Geige eine herausgehobene Rolle zu, die einen versierten Künstler verlangte.
Auch hier integrierte Julian Rachlin an der Spitze der Formation sein Spiel in das Ensemble ein und zeigte dabei seine Stimme, hob sie aber nicht heraus. Manchmal nahm er sich sogar so zurück, dass man ihn kaum hören konnte, wenn andere im Mittelpunkt standen. Dass er manche Herausforderung bei Beethoven mit routiniertem Können meisterte, zeigte mehr die Schwierigkeit der Komposition als dass es sich als Manko hätte darstellen können.
Sein Freundeskreis, auf Grund der Werke mit leicht abweichenden Besetzungen, zeigte sich dabei als ebenso selbstbewusste wie auch auf die gemeinsame Darstellung eingeschweißte Gemeinschaft. Die Werke boten für jeden Beteiligten etliche Möglichkeiten, sein Instrument und seine Interpretation zu zeigen. Für Sarah McElravy an der Seite von Rachlin ergaben sich auch für die Bratschenstimme viele herausragende Momente, die sie mit stilvollem und warmem Ton präsentierte. Das Cello spielte mit Claudio Bohórquez vielleicht einer der bekanntesten Künstler in dieser Runde. Auch seine Beteiligung stand ganz im Zeichen des zusammen gehörenden Musizierens, erlaubte ihm aber gleichfalls, wichtige Cellopartien exponiert zu gestalten. Dominik Wagner formte im Beethoven am Kontrabass das ebenso tragende wie leicht wirkende Fundament.
Bei den Bläsern gestaltete Andrzej Ciepliński die Klarinettenstimmen im für das Instrument typischen Charakter. Pascal Deuber hatte neben seinem üblichen Auftritt am Pult auf der Bühne bei Penderecki noch einen Auftritt von der Balustrade am Saalende zu wahrzunehmen, was ihm in klanglicher und zeitlicher Einordnung zu den anderen Mitwirkenden auf dem Podium mustergültig gelang. Wiederum bei Beethoven übernahm Etienne Boudreault die Fagottstimme, die mit markantem rhythmischem und teilweise quasi continuohaftem Einsatz gelang.
Als achter Mitwirkender, aber nur im Sextett, gab der Pianist Itamar Golan eine gestaltungssichere und in die Gruppe eingebundene Darstellung des Klavierparts.
Mit sichtlichem Vergnügen sowie der erforderlichen Konzentration und Aufmerksamkeit widmeten sich alle Beteiligten nicht nur ihrer Stimme, sondern durchlebten beide Werke in großartiger Abstimmung und Einigkeit in der Interpretation. Bei der Zahl der Mitspieler war es beeindruckend, wie eng und abstimmungsaffin das Miteinander sensibel und zielgerichtet an diesem Abend zusammengefügt wurde.