Gustav Mahler: Das Lied von der Erde; Robert Dean Smith, Tenor, Gerhild Romberger, Alt, Budapest Festival Orchestra, Ivan Fischer; 1 SACD Channel Classics CCS SA 40020; Aufnahme 2020, Veröffentlichung 09/2020 (61’24) Rezension von Alain Steffen
Ich finde es immer etwas problematisch, den Tenorpart in Mahlers Lied von der Erde mit einem Heldentenor zu besetzen. Eigentlich sind es nur James King (bei Haitink und Bernstein) und René Kollo (bei Karajan), die mich überzeugen konnten. Skelton, Jerusalem, Cassily, Moser, Fritz und Domingo scheiterten vor allem an den Feinheiten der Textur. Und dass man das Lied vom Jammer der Erde auch ohne Gebrüll wunderschön aussingen kann, das haben uns die eleganten Mozartsänger wie Anton Dermota, Waldemar Kmentt, Ernst Haefliger, Peter Schreier oder Fritz Wunderlich deutlich gezeigt.
Robert Dean Smith ist ein sehr lyrischer Heldentenor und vermag mit schlanker Stimmgebung und ohne Gebrüll die drei Lieder recht ordentlich zu gestalten. Aber die Partie kommt vielleicht etwas zu spät, denn auch Smith kommt nicht ohne Pressen aus. Dies macht er aber durch seine stilvolle Interpretation wett.
Nachdem uns Gerhild Romberger schon in einer Aufnahme für Kammerorchester begeistert hatte, zeigt sich die Altistin hier als eine würdige Nachfolgerin einer Ferrier, Miller, Forrester, Merriman oder Ludwig. Ihre volltönende und immer ruhig fließende Stimme besitzt zudem ein sehr angenehmes Timbre, das den ‘Abschied’ zu einem absoluten Höhepunkt werden lässt. Romberger, wie Ludwig und Ferrier, achtet sehr auf Deklamation und Ausdruck, ohne allerdings zu übertreiben. Ihr intensiver, leicht resignativer Gesang ist ein Musterbeispiel kultivierter Liedinterpretation.
Aber auch Ivan Fischer und das hervorragend spielende Budapest Festival Orchestra dringen tief in Mahlers Psyche ein und gestalten jedes einzelne Lied mit individuellem Charakter. Dank der hervorragenden Aufnahmetechnik werden Mittelstimmen und vor allem die Holzbläser optimal in Szene gesetzt, so dass auch orchestral diesem Lied von der Erde etwas Wunderbares anhaftet. Ohne Zweifel ist es eine der besten Einspielungen der letzten Jahre.
I always find it somewhat problematic to cast the tenor part in Mahler’s Lied von der Erde with a Heldentenor. Actually, it is only James King (with Haitink and Bernstein) and René Kollo (with Karajan) who could convince me. Skelton, Jerusalem, Cassily, Moser, Fritz and Domingo failed mainly because of the subtleties of the texture. Elegant Mozart singers such as Anton Dermota, Waldemar Kmentt, Ernst Haefliger, Peter Schreier or Fritz Wunderlich have shown that the Lied vom Jammer der Erde can be sung beautifully without any roaring. Robert Dean Smith is a very lyrical Heldentenor and with his slim voice and without roaring he is able to create the three songs quite neatly. But the part may come a little late for him, because Smith sometimes sings with too much pressure.
After Gerhild Romberger had already thrilled us in a version for chamber orchestra, the alto proves here to be a worthy successor to such interpreters as Ferrier, Miller, Forrester, Merriman or Ludwig. Her full and always calmly flowing voice also has a very pleasant timbre, which makes the ‘Abschied’ an absolute highlight. Romberger pays great attention to declamation and expression, but without exaggerating. Her singing is a prime example of cultivated song interpretation.
But Ivan Fischer and the outstandingly performing Budapest Festival Orchestra also penetrate deeply into Mahler’s psyche and shape each song with individual character. Thanks to the excellent recording technique, the mid-range sounds and especially the woodwinds are optimally staged, so that the orchestral performance is outstanding too. Without doubt this is one of the best recordings of the last years!