Bernd Alois Zimmermann: Drei frühe Klavierstücke + Extemporale + Capriccio + Enchiridion I + Enchiridion, Anhang + Enchiridion II (Exerzitien) + Konfigurationen; Eduardo Fernandez, Klavier; 1 SACD BIS 2495; Aufnahme 08/2019, Veröffentlichung 06/2020 (74'02) - Rezension von Remy Franck
Die Werke für Soloklavier von Bernd Alois Zimmermann sind gewiss nicht repräsentativ und typisch für diesen Komponisten, gehören aber zu der eher zugänglichen Musik des Musikers, dessen Opus gemeinhin als schwer und sperrig bezeichnet wird. Zimmermann, der 1918 geboren wurde und 1970 Suizid beging, hatte zum Klavier eine ganz eigene Beziehung. Als ‘Alois, der Klavierspieler’ war er in seiner heimatlichen Eifel bekannt, weil er bei Festen zum Tanz aufspielte und auch den Männergesangverein leitete. Doch bald wurden seine Stücke schwerer, führten zu einem ‘musikalischen Pluralismus’, in dem sich Material vom Mittelalter über Barock und Klassik bis zum Jazz und der Zwölftontechnik verband. Das lässt sein Oeuvre für Klavier ebenso vielseitig wie vielfarbig werden.
Das Klavierwerk, das Eduardo Fernandez hier komplett und chronologisch eingespielt hat, vereint Werke, die zwischen 1939 und 1956 entstanden. Das Meiste klingt traditionell, mit Ausnahme der ‘Konfigurationen’, dem letzten Klavierwerk Zimmermanns, das 1956 in serieller Weise komponiert wurde und tatsächlich sehr modern klingt. Da sind wir weit entfernt von den noch spätromantisch anmutenden
Frühen Klavierstücken oder dem Capriccio, dessen Basis ein Volks- und Kinderlied ist. Der Zyklus ‘Extemporale’ ist schon individueller und in ‘Enchiridion’ findet der Komponist zu einer noch prägnanteren Sprache, auch wenn er noch immer auf alte Formen Bezug nimmt. Fernandez gelingen diese expressionistischen Charakterstücke ganz hervorragend, weil er die Bewegungsabläufe musikalisch sehr empfindsam, aber immer mit äußerster Klarheit strukturiert. Mit subtilsten Differenzierungen von Dynamik, Rhythmik und Farben und einer perfekten Phrasierung kann er die pianistisch nicht gerade einfachen Werke zwischen Zärtlichkeit und Verspieltheit, zwischen Zurückhalten und Drängen ohne Anflug von Intellektualismus unmittelbar wirkungsvoll werden lassen.
Die Aufnahmetechnik lässt den Steinway-Klang mit größter Klarheit und Natürlichkeit aus den Lautsprechern erklingen.
The works for solo piano by Bernd Alois Zimmermann are certainly not representative and typical for this composer, but they belong to his more accessible music. Zimmermann, who was born in 1918 and committed suicide in 1970, had a very special relationship with the piano. He was known as ‘Alois, the piano player’ in his native Eifel, because he played at dance evenings and also conducted the local male choir. But soon his pieces became more ambitious and led to a ‘musical pluralism’, in which material from the Middle Ages, Baroque and Classical periods to Jazz and twelve-tone technique was combined. This makes his oeuvre for piano as versatile as it is colourful.
The piano work that Eduardo Fernandez has recorded here in its entirety and chronologically combines works that were written between 1939 and 1956. Most of is quite traditional, with the exception of the ‘Configurations’, Zimmermann’s last piano work, which was composed in 1956 in a serial technique and actually sounds very modern. Here we are far from the still late romantic Early Piano Pieces or the Capriccio, the basis of which is a folk and children’s song. The cycle ‘Extemporale’ is already more individual and in ‘Enchiridion’ the composer shows an even more effective language, even if he still refers to old forms. Fernandez succeeds in these expressionistic character pieces quite outstandingly, with a wide range of tone, great structural imagination and extreme clarity. With the most subtle differentiations of dynamics, rhythm and colours and perfect phrasing, the pianistically challenging works become immediately appealing, alternating without any trace of intellectualism between tenderness and playfulness, between restraint and urgency,
The recorded sound impresses with greatest clarity and naturalness.