Riccardo Chailly spornt sein Orchester zu einem hochintensiven Musizieren an. Es ist phänomenal, wie das Orchester arbeitet und physisch alles gibt, um Chaillys Dirigieren umzusetzen. Was dem Hörer an Klang aus den fünf Lautsprechen entgegenbrandet, ist gewaltig. Die beiden erste Sätze der Fünften Symphonie sind hoch dramatisch, voller geballter Kraft und knisternder Spannung. Nun kann man mit Detailfülle und rein eruptiver Energie die tiefen Abgründe nicht offen legen, Mahlers seelisches Pandämonium nicht voll ergründen. Doch genau das bringt Chailly auch noch fertig. In die orchestrale Brillanz brechen immer wieder drohend-dunkle Farben ein, die Trompetenrufe werden direkt mahnend, und so entsteht eine zutiefst aufgewühlte Musik, bisweilen ekstatisch bis hin zum Zustand des Deliriums.
Nach diesem Trauma bringt der Beginn des Scherzos in seiner Sorglosigkeit den erwünschten Kontrast, so als ob der Komponist alle Probleme habe verdrängen wollen. Tänzerisches Schwärmen bleibt da nicht aus, aber Chailly legt letztlich hier wenig Wert auf Fragezeichen und auf innere Unsicherheit. Weniger jedenfalls als im folgenden Satz.
Das Adagietto, achteinhalb Minuten lang, bringt Ruhe, aber die dynamische Differenzierung, die Chailly vornimmt, wirft letzten Endes im Gesamtkontext mehr Fragen auf, als Antworten gegeben werden. Im letzten Satz scheinen alle Probleme abgeschüttelt zu sein, und es kommt echte Heiterkeit auf.
Für diese Fünfte Symphonie hat Chailly also ein sehr persönliches Konzept und erreicht damit eine zwingende Kohärenz. Diese Geschlossenheit und die Tatsache, dass er wirklich vom ersten bis zum letzten Takt etwas zu sagen, etwas mitzuteilen hat, sind die Hauptmerkmale dieses herausragenden Dirigats. Um dieses so zwingend werden zu lassen, bedurfte es natürlich eines so herausragenden Orchesters, mit einer so langen Mahler-Tradition wie das Gewandhausorchester Leipzig, das die Ansichten Chaillys mit großer Hingabe und Begeisterung umsetzen konnte.
This is an enthralling performance of Mahler Fifth, dauntingly intense, with much dramatic force and an impressive dynamic range. The Gewandhaus Orchestra give their all and the sound quality is superb as well.