Im Fürstentum Liechtenstein gibt es eine Internationale Musikakademie, die sich seit ihrer Gründung im Jahre 2010 zu einer Brutstätte für international erfolgreiche und mit zahlreichen Preisen ausgezeichneten jungen Musikern entwickelt hat. Aushängeschilder der Akademie sind das seit 2011 alljährlich veranstaltete ‘Next Generation’ Festival im Grand Resort Bad Ragaz, sowie das Kammerorchester Esperanza, das dieses Jahr mit einem ‘Special Award’ der ‘International Classical Music Awards’ (ICMA) ausgezeichnet wurde.
Hauptziel der Akademie ist die Förderung junger, hochbegabter Musiker – Pianisten, Cellisten, Geiger, Bratschisten, Hornisten und Flötisten – im Alter von 10 bis 25 Jahren durch einen pro Instrument je 3-5 mal jährlich durchgeführten Intensivunterricht von einer Woche bei erfahrenen und renommierten Dozenten. Insgesamt werden zurzeit zwischen 16 und 19 solcher Intensivkurse im Jahr veranstaltet. Die restliche Zeit ist der Orchesterakademie in Zusammenarbeit mit dem Sinfonieorchester Liechtenstein und den Festivals vorbehalten.
An einer solchen Intensivwoche nehmen nur 6-7 Studenten teil und werden täglich unterrichtet. Viele von ihnen sind Stipendiaten der Stiftung und können kostenlos am Studiengang teilnehmen. « Diese Akademie kann sich jeder leisten, der gut ist », sagt Geschäftsführer Drazen Domjanic, Manager und gute Seele des Ganzen.
Die Auswahl der Studenten erfolgt nach erfolgter Aufnahmekandidatur anhand von Videoaufnahmen, Diplomen und persönlichen Gesprächen. Die Entscheidung, wer letztlich teilnehmen darf, treffen die Lehrer. Qualität nicht Quantität ist dabei immer oberstes Gebot. Und so werden dann auch von ca. 1.000 Kandidaten im Jahr nur rund 100 angenommen. Sie kommen zu 20% aus der Region um Liechtenstein herum und aus 30 Ländern weltweit.
Das Besondere an diesen Intensivwochen ist, dass die Akademie neben dem Unterricht auch für die Unterbringung der Studenten im Studentenhaus sorgt, wo von der Küche bis zur Waschmaschine alles zur Verfügung steht, um den jungen Musikern das Leben zu vereinfachen. Im Studentenheim gibt es sechs Einzel- und 3 Doppelzimmer, weil die Studenten, die noch keine 16 Jahre alt sind, in Begleitung eines Elternteils kommen müssen. Das gemeinsame Wohnen und Kochen wird von den jungen Menschen als eine Bereicherung angesehen und gehört zu den Attraktionen der Akademie.
Unterrichtet werden die Studenten von Lehrer wie Lars Vogt, Pavel Gililov, Dmitri Bashkirov, Jens-Peter Mainz, Ana Chumachenco, Radovan Vlatkovic oder Milana Chemyavska.
Der Unterricht ist aber nicht nur musikalisch intensiv, er ist auch ganzheitlich, d.h. er beinhaltet auch Kurse über die Karriere, ihre Wirtschaftlichkeit, über Einnahmen und Ausgaben, über Nebenkosten, Steueroptimierung usw., alles Sachen, von denen die meisten jungen Musiker keine Ahnung haben. Es gibt Informationen zur Lage am Markt, zu Agenturen und Verträgen und gegebenenfalls Hilfe bei der Suche nach einem geeigneten Instrument.
Die Musikakademie sensibilisiert ihre Studenten auch für eine physische und emotionale Gesundheit. Gezieltes Auftrittstraining hilft Stresssituationen abzubauen, mit Lampenfieber umzugehen und Konzentration zu fördern. Maßnahmen zur Vorbeugung und Linderung typischer Berufskrankheiten werden in eigenen Seminaren von kompetenten Ärzten vermittelt.
Wichtig ist, dass die Studenten in Vaduz über mehrere Jahre hinweg begleitet werden und hinreichend Gelegenheit bekommen, in Konzerten vors Publikum zu treten, so z.B. in einer mittlerweile sehr erfolgreichen Reihe im Liechtensteinischen Landesmuseum. Es gibt auch Einladungen zu beiden Musikfestivals in Bad Ragaz, zum Kissinger Sommer, zum Menuhin Festival Gstaad oder zu den Salzburger Festspielen, um nur einige zu nennen.
2015 begaben sich neun Akademiestudenten auf US-Tournee. Im ‘Toledo Museum of Art’ spielten sie Beethovens Tripelkonzert in C-Dur unter Stefan Sanderling, das Kammermusikkonzert im Kennedy Center in Washington wurde online via Livestream übertragen.
Eine weitere Besonderheit ist, dass die Studenten am Ende ihrer Kurse kein Diplom bekommen. « Wir sehen uns als eine weiter qualifizierende Ergänzung zu den Musikhochschulen und Konservatorien an », sagt Drazen Domjanic. Die Akademie begleitet die Musiker so weit, wie sie es selbst zulassen, sie vermittelt Unterstützung bei der Vorbereitung von Wettbewerben und kann sich auf ein gesundes Networking mit Dirigenten, Orchestern und Veranstaltern berufen. Domjanic: « Vor allem aber wollen wir keine leeren Versprechungen machen, sondern Realität vermitteln. Wir werden nicht müde, unsere jungen Musiker vor Schnellschüssen zu warnen. Und wir legen höchsten Wert auf Musikalität, nicht auf Virtuosität. Wir bilden keine Sportler aus, und zeigen auch denen, die sich solistisch betätigen wollen, wie wichtig das Zusammenmuszieren ist, mit dem Fokus auf Kammermusik. »
Viele Stipendiaten der Musikakademie haben Preise bei internationalen Wettbewerben gewonnen, wie zum Beispiel Christel Lee beim ‘Internationalen Jean-Sibelius-Violinwettbewerb’ in Helsinki, Filippo Gorini bei der ‘International Telekom Beethoven Competition’ in Bonn oder Andrei Ioniţă den ‘Internationalen Tschaikowski-Wettbewerb’ in St. Petersburg/Moskau. Yury Revich war ‘Young Artist of the Year’ der ICMA, Nikolai Song den ‘Discovery Award’ der ICMA. Der junge Cellist Kian Soltani gibt heute Konzerte rund um die Welt mit Dirigenten wie Daniel Barenboim oder als Mitglied von Anne-Sophie Mutters Ensemble ‘Mutter’s Virtuosi’, in dem auch die Geigerin Noa Wildschut mitspielt. Der Bratscher Adrien Boisseau ist Mitglied des weltberühmten Streichquartetts ‘Quatuor Ebène’, Sara Domjanic, Violine, spielte als Solistin mit Orchester u.a. beim ‘Menuhin Festival’ in Gstaad, bei ‘Esterhazy Classic’ in Eisenstadt und mit dem ‘Hong Kong Philharmonic Orchestra’. Aaron Pilsan, Klavier, war ‘Rising-Star’ der Vereinigung der 15 größten Konzertsäle Europas, Sebastian Bohren, Violine, gibt weltweit Konzerte mit dem ‘Stradivari Quartett’ und die Violinistin Esther Yoo spielt bei bedeutenden Orchestern Konzerte mit Dirigenten wie Lorin Maazel oder Vladimir Ashkenazy.
Um angehenden Berufsmusikern Einblicke in den Orchesteralltag zu gewähren, wurde 2012 gemeinsam mit dem ‘Sinfonieorchester Liechtenstein’ die ‘Orchesterakademie’ ins Leben gerufen. Die Studenten lernen so, sich harmonisch in einen Klangkorpus einzufügen. Dass auch die Berufsmusiker des Orchesters davon profitieren, ist ein gesunder Nebeneffekt. Drazen Domjanic: « Mit den Jahren entwickelte sich die Institution zu einer richtiggehenden ‘Frischzellenkur’, die entscheidend zur Flexibilität und Qualität des Sinfonieorchesters beitrug und auch die eine oder andere frei werdende Lücke füllte ».
Die ‘International Classical Music Awards’ (ICMA) haben zusammen mit der Musikakademie Liechtenstein den ‘Discovery Award’ ins Leben gerufen, mit dem junge Musikerinnen und Musiker zwischen 12 und 18 Jahren ausgezeichnet werden. » Erster Presiträger war Nikolai Song (2016), während in 2017 der junge deutsche Pianist Robert Neumann ausgezeichnet wurde.
Ein neues Projekt wird in Zusammenarbeit mit der Musikakademie Basel und der Hochschule für Musik und Theater München realisiert. Hier geht es um künstlerische Professuren an Musikhochschulen und Musikuniversitäten in einem Lehrgang ‘Excellence in Teaching’ zur Vorbereitung auf Bewerbungsverfahren und Begleitung beim Berufseinstieg.
Ein Prestigeprojekt der Musikakademie Liechtenstein ist das Kammerorchester ‘Esperanza’ das von seiner Konzertmeisterin Chouchane Siranossian geleitet wird. Das ‘Ensemble Esperanza » wurde im Winter 2015 durch die Internationale Musikakademie in Liechtenstein im Rahmen einer ganzheitlichen musikalischen Ausbildung gegründet. Es besteht, abgesehen von der Konzertmeisterin und dem Cembalisten, nur aus Stipendiaten der Akademie.
‘Esperanza’, ausgezeichnet mit einem ‘Special Achievement Award’ der ICMA, hat im Februar beim deutschen Label ‘Ars Produktion’ seine erste Schallplatte herausgebracht, mit Edward Griegs ‘Holberg Suite’, Frank Bridges ‘Suite for String Orchestra’, Carl Nielsens ‘Suite für Streicher’ und Gustav Holsts ‘St. Paul’s Suite’. » So vital, so brillant wie ‘Esperanza’ spielen zwar noch etliche andere Kammerorchester in der obersten Liga, aber wenn es um das Innenleben, um das Raffinement geht, können selbst unter den besten viele nicht mehr mit dem mithalten, was in dieser Aufnahme offenbar wird », ist in der Pizzicato-Rezension zu lesen. Das junge Orchester wird am 1. April beim Galakonzert der ICMA im Leipziger Gewandhaus auftreten.
Die ‘Internationale Musikakademie in Liechtenstein’ ist somit eine der Hochburgen der musikalischen Ausbildung und sorgt kontinuierlich für eine Bereicherung des internationalen Musiklebens. Es gibt wohl kaum sonst irgendwo in Europa eine derartige Konzentration an jungen internationalen Musiktalenten in vielen verschiedenen Instrumentengruppen wie bei dieser Akademie.
Links: http://www.festivalnextgeneration.com/