Mit Schuberts komplexer Fantasie D. 934 für Violine und Klavier beginnt dieses Programm. Alena Baeva und Vadym Kholodenko nehmen uns darin auf eine höchst emotionale Reise mit, deren Ziellosigkeit zunächst erschreckend ist.
Von den technischen Anforderungen merkt man aber auch gar nichts, dafür aber umso mehr von der Verletzlichkeit der Musik, von den Kontrasten zwischen Sehnsucht, Hoffnung, Widerständen, Drängen und Leidenschaft, auf dieser gefahrvollen Reise, die schließlich triumphal endet.
Nicht weniger intensiv ist danach Stravinskys Divertimento aus Der Kuss der Fee, die Samuel Dushkin aus der Orchesterpartitur für Violine und Klavier bearbeitet hat. Diese Fassung hat nicht die Orchesterfarben des Originals, aber in der vorliegenden Interpretation vermisst man diese aber auch gar nicht. Das Divertimento wird hier sozusagen ein eigenständiges Werk, und es ist unüberhörbar, dass diese zwar von Tchaikovsky inspirierte Musik auf einer gruseligen Geschichte von Hans Christian Andersen basiert und entsprechend ausdrucksstark erklingt. Im Spiel von Baeva und Kholodenko gewinnt die Musik durch rhythmische Schärfe und eine packende energetische, narrative Kraft an unmittelbarer Wirkung und Klarheit. Die Musik springt einem in ihrer überbordenden Kraft regelrecht in die Ohren.
Diese können sich dann in ersten Teil von Schumanns Märchenbildern, hier in der Fassung für Geige, erholen, auch wenn danach auch mehr Kraft zu vernehmen ist. Baeva und Kholodenko ergänzen sind wunderbar, lassen, aufs Ganze gesehen, dynamische Spannungen ebenso aufblitzen wie sie die romantische Linie der Musik pflegen. Weiterhin fällt die intensive Interaktion auf, mit phantasievollen Nuancierungen in den ruhigeren Teilen, und generell ein koloristisches Spiel, das die Möglichkeiten der Violinfassung gut auslotet.
Messiaens Fantaisie mag man beim ersten Hören nicht unbedingt als ein Werk dieses Komponisten identifizieren. Er schrieb es 1933 für seine erste Frau, die Geigerin Claire Delbos. Alena Baeva und Vadim Kholodenko machen nicht den Versuch, das romantisierende Werk dieses Charakters zu berauben. Sie setzen voll auf die Kraft seiner Leidenschaft und den quasi ekstatischen Schwung im Kontrast zum zentralen, träumerischen Abschnitt.
Der präsente und natürliche Klang der Aufnahme kommt den Interpreten und auch der Musik gleichermaßen entgegen, so dass wir hier eine hundertprozentig gelungene Aufnahme vor uns haben, die man nur wärmstens empfehlen kann.
This program begins with Schubert’s complex Fantasy D. 934 for violin and piano. Alena Baeva and Vadym Kholodenko take us on a highly emotional journey whose aimlessness is at first frightening.
However, we don’t notice the technical demands at all, but rather the vulnerability of the music, the contrasts between longing, hope, resistance, urge and passion on this perilous journey, which ultimately ends triumphantly.
No less intense is Stravinsky’s Divertimento from The Fairy’s Kiss, arranged by Samuel Dushkin from the orchestral score for violin and piano. This version doesn’t have the orchestral colors of the original, but you don’t miss them at all in this interpretation. The Divertimento becomes, so to speak, a work in its own right, and it is unmistakable that this music, although inspired by Tchaikovsky, is based on a spooky story by Hans Christian Andersen and sounds correspondingly expressive. As played by Baeva and Kholodenko, the music gains immediate impact and clarity through rhythmic acuity and a gripping, energetic narrative force. The music literally jumps out at you with its exuberant power.
In the first part of Schumann’s Fairy Tale Pictures, here in the version for violin, the ears can recover, yet even more power is heard afterwards. Baeva and Kholodenko complement each other wonderfully, allowing dynamic tensions to flash up as well as cultivating the romantic line of the music. The intense interaction is also striking, with imaginative nuances in the quieter passages and a generally coloristic playing that explores the possibilities of the violin version well.
At first hearing, Messiaen’s Fantaisie might not necessarily be identified as a work by this composer. He wrote it in 1933 for his first wife, the violinist Claire Delbos. Alena Baeva and Vadim Kholodenko make no attempt to rob this romantic work of its character. They focus entirely on the power of her passion and the quasi-ecstatic momentum in contrast to the central, dreamy section.
The present and natural sound of the recording suits both the performers and the music, so that we have here a one hundred percent successful recording that can only be warmly recommended.
Alena Baeva: « Jedesmal dringen wir ein Stück weiter ein in dieses geheimnisvolle Territorium »