Unter dem Motto Luftiges zum Trinken und Genießen präsentierten William Christie und sein Ensemble Les Arts Florissants in der Philharmonie Luxemburg einen Musikreigen, wie er am französischen Hof im ausgehenden 16., beginnenden 17. Jahrhundert, etwa bei Ludwig XIII. oder seinem Bruder Gaston d’Orléans, dargeboten wurde. Uwe Krusch ließ sich hofieren.
Dass diese Musik eben der Unterhaltung diente, aber eben auch durchaus deftige Themen entspannt und lustig thematisiert, zeigt, wie die Welt damals tickte und dass sich seitdem einiges verändert hat.
Heute würden einige Inhalte als Hurerei oder gar Vergewaltigungen benannt. Aber am Hofe war es nur köstliche Unterhaltung. Dass diese Texte mit Augenzwinkern und viel Charme durch das Ensemble präsentiert wurden, mag Philister aufschreien lassen. Aber man sollte diese Umstände einfach als historische Tatsache nehmen und sich ganz auf die hörenswerte Musik und die gerade in diesen Zeiten köstliche Art der Darbietung konzentrieren und sich einfach an so einem amüsant und gekonnt dargereichten Programm erfreuen.
Die Komponisten der Zeit, Antoine Boesset, Pierre Guédron, Claude Le Heune, Étienne Moulinié oder auch Pierre Verdier dürften dem Großteil des Publikums vorab wenig bekannt gewesen sein. Umso mehr bot dieses Konzert einmal mehr eine spannende und eben auch unterhaltssame Reise durch die Zeit, entsprechend dem Titel der Konzertreihe der Philharmonie, zu der es gehörte. Mit aus der Volksmusik stammenden Grundlagen, die eher polyphon daherkamen, entwickelten sich die Airs de cour zu meist homophonen Gebilden, um ja die lockere Stimmung am Hof nicht zu sehr zu beanspruchen.
William Christie ist nach wie vor Ideengeber und Leiter seines Ensembles Les Arts Florissants, das hier neben ihm am Cembalo instrumental mit zwei Violinen, Gambe und Luth, im deutschen Sprachgebrauch eher als Theorbe benannt, besetzt war. Die Vokalsolisten waren wegen der kurzfristigen Absage des Tenors auf Sopran, Mezzosopran, Bariton und Bass reduziert, was zu einigen Programmanpassungen gegenüber dem Plan geführt hat, nicht aber zu einem Verlust an erfrischender Präsentation. Christie, in Richtung achtes Lebensjahrzehnt blickend, hielt sich trotz seiner koordinierenden Rolle weise zurück und überließ einen Großteil der Gestaltung dem jungen und famosen Thomas Dunford. Dieser spielte auf der Theorbe nicht nur die maßgeblichen Continuostimmen, sondern fügte zwischen den Stücken abwechslungsreich und einfühlsam Überleitungen ein, so dass der Abend nicht in 16 kleine durch Applaus zerkaute Happen zerfiel, sondern einen großen Bogen bekam. Allein dieser Part erregte Begeisterung.
Die beiden Geiger durften nicht nur in den von Gesang geprägten Beiträgen Akzente setzen, sondern mit konzertanten Partien die Melodiestimmen in den instrumentalen Kompositionen gestalten, was sie auch im engen Dialog taten.
Die vier Gesangssolisten fügten sich nicht nur ein, sondern prägten vielfach die Musik mit ebenso stimmlich wie darstellerisch gelungenen Aktionen. Alle vier durften zum engeren Kreis um Christie gerechnet werden, so dass sie wie eine Gruppe bester Freunde harmonieren. Emmanuelle de Negri ist eine ausdrucksvolle und vitale Sopranistin, die ihren Partien das nötige Gewicht verleihen konnte, ohne die anderen Stimmen zu erdrücken. Dabei ließ sie ihren stimmlichen und persönlichen Charme spielen. Anna Reinhold trat als Mezzosopranistin rein akustisch ein wenig in den Schatten. Aber man sollte sich davon nicht täuschen lassen, da ihre Qualitäten so zwar wenig aufdringlich, aber trotzdem klar hörbar wurden.
Marc Mouillon, früher auch als Basse-taille, jetzt als Bariton im Programm angegeben, konnte sich ebenso wie die anderen auf seine muttersprachliche Kompetenz für die Darbietung stützen. Auch stimmlich nahm er seinen Platz im Quartett ein und lieferte die wichtige Zwischenlage mit Überzeugung. Lisandro Abadie glänzte mit einem tiefschwarzen und doch auch angenehm einnehmenden Bass.
Nur der Hinweis durch William Christie auf die fortgeschrittene Zeit, schließlich sollte noch die Wiederholung des Konzertes folgen, mochte dem engagiert applaudierenden Publikum Einhalt zu gebieten.