Zwei im Umfeld des Zweiten Weltkriegs entstandene Kammermusikwerke von Dmitri Shostakovich hat das ‘Belcea Quartet’ als neueste Einspielung vorgelegt. Das Dritte Quartett, das der Komponist wie die Neunte Symphonie nach Kriegsende komponierte und ebenfalls mit neoklassizistisch anmutenden Klängen ausstattete, nimmt nur oberflächlich betrachtet auf die Wiener Klassik Bezug. Doch die wilde Fuge und der Widerspruch zwischen erster Violine und Viola im Moderato zeigen die tiefen verborgenen Schichten.
Einer der wenigen Glücksmomente im politischen Umfeld der Sowjetunion dürfte für Shostakovich mit seinem Klavierquintett verbunden gewesen sein, das ihm den Stalinpreis einbrachte, nachdem seine Oper ‘Lady Macbeth von Mtsensk’ zuvor sozusagen zur Aberkennung seiner Bürgerrechte als Musiker geführt hatte. Im Quintett wählt er mit Präludium und Fuge einen barocken Einstieg, bevor in den Folgesätzen mit aufgesetzter Fröhlichkeit den Propagandaapparat verspottet, was die Jury bei der Preisverleihung wohl nicht ins Kalkül zog. Nebenbei schuf der Klavierpart dem Komponisten und Pianisten die Möglichkeit, für Aufführungen umherzureisen, was ihm sonst verwahrt gewesen wäre.
Diese doch unterschiedlichen Werke zu kombinieren, könnte eine Gefahr sein, wenn ein weniger exzellentes Ensemble sich daran setzen würde. Den Belceas gelingt es aber, die unterschiedlichen Welten auch differenziert darzustellen. Mit ihrem immer die Balance aus Virtuosität, Unaffektiertheit, Ausdruckstiefe, emotionellem Einsatz und klarer Analyse haltenden Spiel erzeugen sie jauchzende und gleichzeitig beklemmende Klangerlebnisse, die den Hörer bannen und in den Strudel saugen.
Der polnische Pianisten Piotr Anderszewski hat sich bereits für Aufführungen vor der Aufnahme zu dem Quintett hinzugesellt, so dass die fünf nun eine einerseits verzahnt entspannte Interpretation hervorzaubern, die andererseits aber nichts an Spannkraft und Unerbittlichkeit vermissen lässt, ohne dass die Redlichkeit des Ausdrucks durch Pathos getränkt würde. Durch klare scharfe Strukturierung und trotz aller Eindringlichkeit kühles Spiel werden Licht und Finsternis, Labsal und Beklemmung hörbar.